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Deutsche Brennstäbe in slowakische Schrottmeiler

■ Blockade vor AKW Greifswald geräumt

Berlin (taz) – Umweltminister Klaus Töpfer (CDU) will die Lieferung bislang ungenutzter Atombrennstäbe aus Greifswald in das slowakische Atomkraftwerk Bohunice durchsetzen. Töpfer forderte die Umweltorganisation Greenpeace gestern auf, ihre Blockade vor dem stillgelegten Atomkraftwerk Greifswald abzubrechen. Greenpeace-Aktivisten hatten sich am Tor des Atomkraftwerks festgekettet. Am Abend begann die Polizei mit der Räumung der Blockade: Sie durchtrennte mit Stahlscheren die Gitterstäbe des Tores und räumten einen Container mit der Aufschrift „Ein Tschernobyl reicht – Keine deutschen Atombrennstoffe in die CSFR- Schrottreaktoren“ von den Schienen.

Töpfer hatte darauf verwiesen, daß die umstrittene Lieferung von 120 Brennstäben ausschließlich für den Reaktor der jüngeren sowjetischen Baulinie WWER 440/213 im dortigen Atomkraftwerk Bohunice eingesetzt werden dürfte. „Ein Einsatz in den alten Reaktoren sowjetischer Bauart in der Tschechoslowakei ist somit ausgeschlossen“, betonte Töpfer.

Mit dieser Argumentation bestätigt der Atomminister den Vorwurf der Doppelmoral, der ihm von Greenpeace gemacht wird: Der Reaktortyp WWER 440/213, in Bohunice Block 3 und 4, entspreche genau dem Reaktortyp, den Töpfer in Greifswald aus Sicherheitsgründen nicht ans Netz ließ und dessen Abschaltung er beim bulgarischen AKW Kosloduj beständig fordert.

Insgesamt gab es nach der Stillegung von Greifswald 1991 noch 860 ungenutzte Brennelemente an dem Atomstandort. 462 davon seien an Atomkraftwerke in der CSFR verkauft worden, hieß es gestern. Die umstrittenen 120 Stäbe stellten nach Auskunft des Greifswald-Betreibers Energiewerke Nord die letzte Lieferung aus diesem Geschäft dar. Für die übrigen Brennelemente gibt es noch keine Vertragsabschlüsse. Die Energiewerke Nord gehören der Treuhandanstalt. Der Verkauf der Brennelemente in die CSFR gehört nach Auskunft von Töpfer zum Stillegungskonzept der Treuhand. ten/KV Seite 6

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