Ossi Heinz Eggert

■ Endlich ein christdemokratisches Pendant zum Volkstribun Manfred Stolpe?

Düsseldorf (taz) – Unruhig, sagt er, wurde er erst nach seiner Rede vor den knapp 1.000 Delegierten. Da sei ihm klargeworden, daß er durchaus eine Chance hat, gewählt zu werden. Vorher habe er damit kaum im Traum gerechnet. Daß er es dann doch geschafft hat, erfüllt ihn mit einem kaum kaschierten Hochgefühl. Nicht wahr, freut er sich, das sei selbst bei den Grünen schwierig, als Außenseiter in das Rennen zu gehen und sich dann gegen längst getroffene Absprachen einfach durchzusetzen.

Es müsse eine „echte Wahl“ geben, hatte der gebürtige Rostocker gefordert, als er seinen Hut in den Ring warf. Und es wurde eine. Heinz Eggert kam, sprach und siegte. Keiner der Redner am Montag, Helmut Kohl nicht ausgenommen, reißt das Publikum so hin wie er. Wenige Sätze muß er nur sprechen, da schlägt ihm der erste große Applaus entgegen.

Eggert bricht „gerade angesichts der überhandnehmenden DDR-Nostalgie“ eine Lanze für die deutsche Einheit, wie sie Kohl bewerkstelligt hat. Er macht Anspielungen auf Oskar Lafontaine, der besser seine eigene Gehaltsabrechnung so genau studiert hätte wie die Kostenkalkulation der Wiedervereinigung. Auch mit Kritik am Führungsstil des Kanzlers sparte er nicht.

Und er warnt vor dem „Mißbrauch des Rechtsstaates Bundesrepublik“ und vor zu viel Nachsicht gegenüber Kriminellen. Begeistert umringen ihn zum Schluß seine sächsischen Parteifreunde, am liebsten hätten sie ihn wohl auf Händen aus dem Saal getragen.

Doch Eggert gewinnt mit seinem Auftritt vor dem Parteitag die westdeutschen Delegierten, die zuvor noch wild entschlossen waren, ihn nicht zu wählen.

Daß er am Schluß auch „ein ganz selbstverständliches Nationalbewußtsein“ für sich reklamiert, rundet das Bild ab, das die Delegierten gewonnen haben: Hier steht ein Christdemokrat aus Fleisch und Blut, kein Vergleich zu dem blassen Papiertiger, den zuvor Volker Rühe gemimt hat.

Das, was er gesagt hat, das sei doch gar nicht so viel Neues gewesen, meint Eggert später mit gespieltem Erstaunen. Vielleicht war entscheidend, wie er es gesagt hat? Wichtig war wohl auch, wer diesen furiosen Auftritt lieferte: ein Ostdeutscher und damit endlich eine christdemokratische Antwort auf den Volkstribun Manfred Stolpe.

Schwerpunkt seiner Arbeit im Parteipräsidium soll die innere Sicherheit sein, sagt er. Wolle man den organisierten Verbrechern nicht einfach nur hinterherlaufen, brauche man beispielsweise den Lauschangriff auf Privatwohnungen. Was fällt einem da noch als Antwort ein – bei einem Mann, der 18 Jahre von der Stasi bespitzelt wurde? Hans-Martin Tillack