Einzelfallprüfung für Kurden in Hessen

■ Jedoch kein neuer Abschiebestopp

Frankfurt/Main (taz) – In Hessen wird es eine sogenannte Einzelfallprüfung vor der von Bundesinnenminister Seiters (CDU) freigegebenen Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern aus Türkisch-Kurdistan geben. Damit reagierte die rot-grüne Koalition auf die von Seiters verweigerte Verlängerung des bisherigen Abschiebestopps für Kurden aus der Türkei, ohne den Konflikt mit der Bundesregierung zu wagen.

Gegen einen von den Grünen geforderten neuen Abschiebestopp für Hessen hatte sich der sozialdemokratische Innenminister Herbert Günther gesperrt: Seiters Anweisung binde ihm die Hände. Den ersten Abschiebestopp hatte Günther am 26.März erlassen, nachdem türkische Militärs in Kurdistan gegen eine Gruppe trauernder Menschen das Feuer eröffnet hatten.

Die Grünen verwiesen darauf, daß die türkischen Militärs in der Osttürkei heute einen „totalen Kampf ohne jede Rücksicht auf die Menschenrechte“ gegen die PKK und die kurdische Zivilbevölkerung führten: „Gefragt ist nicht die Verlängerung des Abschiebestopps, sondern die Anordnung eines neuen. Das ist ohne jeden Verstoß gegen Recht und Gesetz möglich, weil im Paragraphen 54 des Ausländergesetzes ausdrücklich vorgesehen.“

Nach dem jetzigen Kompromiß wird Günther die Ausländerbehörden heute per Erlaß davon in Kenntnis setzen, daß die Behörde vor einer geplanten Abschiebung in jedem Fall eine „Einzelfallprüfung“ vorzunehmen habe. Falls die Behörde dabei zu dem Schluß kommen sollte, daß dem Abzuschiebenden in der Türkei Gefahr für Leib und Leben droht, dürfe nicht abgeschoben werden. Klaus-Peter Klingelschmitt