Fettpressenfüllgerät, zum Ersten...

■ Große Versteigerung der seltsamsten Dinge, die StraßenbahnfahrerInnen verloren haben

Fettpressenfüllgerät, zum Ersten...

Große Versteigerung der seltsamsten Dinge, die StraßenbahnfahrerInnen verloren haben

Fünf Tage in der Woche hat das Fundbüro der Bremer Straßenbahn AG geöffnet. Warum also hat der Mensch, der zwei dicke Daunenoberbetten in der Straßenbahn liegenließ, diese nicht wieder abgeholt? Gestern vormittag wurden sie in der jährlich stattfindenden großen Versteigerung der BSAG-Fundsachen in der „Glocke“ angeboten.

„Kakerlaken!“ rief einer der ungefähr 250 Kauflustigen — und schon wollte niemand mehr für die feilgebotenen Zudecken bieten. Für eine Mark meldete sich schließlich verschämt eine junge Frau, schleppte schnell die beiden Säcke drängelnd durch die Menge und ließ sich auch nicht mehr von Auktionator Jörg Stehmeier zurückrufen, damit sie doch passenderweise noch zwei Kopfkissen dazunähme.

Auch wer sich nicht dazu verleiten läßt, gleich 10 Einkaufsbeutel oder ein Bündel Strickjacken oder einen ganzen Korb mit Ohrschützern zu ersteigern, für drei oder fünf oder sieben Mark, kann sich bestens amüsieren. Über die Bandbreite dessen, was Bremer BürgerInnen bereitwilligst in Straßenbahnen verlorengeben ebenso wie über die Sprüche des Auktionators und die kommentierenden Bemerkungen der Umstehenden.

SchülerInnen tragen Schmusetiere in roten Körbchen herein, Uhren, Brieftaschen und billige Schmuckstücklein werden auf Holztabletts präsentiert. Oder die HelferInnen stolzieren wie auf einem Laufsteg mit aufgespannten Regenschirmen vor die Menge. Regenschirme. Über 1.000 Stück haben sich angefunden. Um jeden einzelnen wird so lange gekämpft, bis er mindestens zehn Mark kostet. Ein alter Mann sorgt vor und hat jetzt schon den dritten überm Arm hängen, stolz angelächelt von seiner Frau.

„Fünf Brillen“, verkündet der Auktionator. „Mit Glas?“ fragt einer — „Wenn Sie das nicht sehen können, dann brauchen sie eine. Sagen Sie fünf Mark“. Ein Motorradhelm geht für eine Mark weg, an einen glücklichen dreizehnjährigen Jungen. Fünf Bibeln (“Da kannste ja gleich –ne Kirche aufmachen“) für sechs Mark. Ein meterlanger geflochtener Haarzopf, „können Sie auch als Schal benutzen“, für Märker vier. Arbeitsanzüge reizen einen Mann mit türkischem Akzent. Massen von gebündelten Stiften finden reißenden Absatz. Eishockey-Schlittschuhe, auf denen ein rührend rosa Stofftierchen klemmt, gehen weg für drei Mark und kosten doch im Laden zweihundert.

Routiniert reißt Auktionator Jörg Stehmeier seine Show ab. Er ist, als Obergerichtsvollzieher, das Versteigern gewohnt. „Aber das sind Zwangsversteigerungen aus Pfändungen, da geht alles an Händler. Hier ist das anders, das sind ja fast alles Privatpersonen. Mir macht es großen Spaß, aber mehr als einmal im Jahr macht das meine Stimme nicht mit“, sagt er, als er mal nur zuguckt, weil sein Kollege ihn abgelöst hat.

Einmal allerdings kommt Stehmeier, dem ansonsten die ungeteilte Bewunderung des Publikums gilt, ins Stolpern. Ein zugeklebter Pappkarton wird gebracht: „Und hier, ein Fett... eine Fettpresse, nein, ein Fettpressenfüllgerät!“ Ratloses Lachen unter den Leuten. Dann streiten sich zwei Mutige und das rätselhafte Ding wandert für sieben Mark in die Hände eines blonden Mannes.

Alles geht für Minipreise weg, und doch kommen, nach Abzug der Unkosten, ungefähr 8.000 Mark Gewinn heraus. Seniorenabende und Betriebsveranstaltungen der BSAG werden davon unterstützt. Das haben die ehrlichen Straßenbahnschaffner wahrlich verdient. Cornelia Kurth