Nachschlag

■ Gespensterrevue für Kinder im Friedrichstadtpalast

Der riesige Saal des Friedrichstadtpalastes mit über tausend Plätzen ist höchstens zu einem Drittel gefüllt. Würde man nicht sehen, sondern nur hören können, glaubte man allerdings, jeder Platz wäre besetzt. Denn die Zuschauer klatschen, rufen und singen in einer Lautstärke, als wollten sie die vielen Nichtanwesenden vertreten.

Was ihre Begeisterung hervorruft, ist die neue Kinderrevue des Hauses mit dem Titel „Wohin mit dem Gespenst?“, die von vier Schauspielern und einhundertfünfzig Kindern präsentiert wird. Die Story ist dünn: ein Westmakler hat ein altes Haus im Prenzlauer Berg gekauft und will das Gespenstermädchen Karoline, das schon immer dort gewohnt hat, vertreiben. Aber Karoline findet Helfer: die Kinder im Kiez machen sich mit Feuereifer daran, ein neues Zuhause zu finden. Gemeinsam mit dem Streetworker Melchior und einer alten Eisverkäuferin gelingt es ihnen, den bösen Herrn Bosnick zu bekehren, so daß Karoline nach viel äußerer Turbulenz wieder in ihre alte Dachbodenecke einziehen kann.

Volkmar Neumann hat die Geschichte ganz im Sinne einer wirklichen großen Revue inszeniert. Die Kinder auf der Bühne (von sechs bis sechzehn sind alle Altersstufen vertreten), bemühen sich, genauso perfekt zu singen und zu tanzen wie ihre Kollegen in den Abendvorstellungen. Die Choreographien sind professionell erdacht und bis ins Detail in die kleinen Körper eingepaukt. Da ist alles zu sehen, was das Revuetheater hergibt. Auch die lange Reihe von fünfzig beinschwingenden, als Clowns verkleideten Tänzerinnen fehlt nicht. Die Kostüme sind bunt, glitzernd und ungeheuer aufwendig. Was das Haus an Bühnen- und Lichttechnik aufzubieten hat, wird eingesetzt. Verwunderlich, daß nicht auch das Wasserbassin, das zu einer Eisbahn umfunktioniert werden kann, aus der Unterbühne hochgehievt wird.

Musikalisch verläßt sich die Vorstellung auf wenige Ohrwürmer, die in Variationen immer wieder auftauchen. Schlagerähnliche Gesänge wechseln sich mit angerockten Rhythmen ab. Was an szenischen Einlagen dazwischen geschoben ist, bleibt trotz der Micro-Port-Mikrophone über weite Strecken unverständlich. Aber das alles macht gar nichts, solange gleich wieder tanzende Kinderpulks von allen Seiten hereinströmen und dem Happy- End entgegentanzen.

„Das war geil“, höre ich einen Zehnjährigen seiner Nachbarin zurufen, als wir nach der Vorstellung dem Ausgang zustreben. „Und so perfekt“, bestätigt die Angesprochene. Ich selbst fand's zu perfekt, aber vielleicht haben in diesem Fall wirklich die Kinder das letzte Wort. Auch mein sechsjähriger Sohn summt noch im Bett den Titelsong, und so hat sich das Anliegen der Veranstalter, die Revue für Kinder von sechs bis zwölf zu inszenieren, wohl erfüllt. Sibylle Burkert

Nächste Vorstellungen: morgen und vom 4. bis 6. November, immer 16 Uhr