■ Volksgerichtshof
: Justitielles Kampfinstrument der nationalsozialistischen Machthaber

Der Volksgerichtshof war von Hitler lange betrieben worden. „Ein deutscher Nationalgerichtshof (soll) etliche Zehntausende der organisierten und damit verantwortlichen Verbrecher des Novemberverrats und alles dessen, was dazugehört, aburteilen und hinrichten.“ (Mein Kampf, 1924) Am 24. April 1934 war es dann soweit. Durch das „Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Strafrechts und des Strafverfahrens“ wurde der Volksgerichtshof ins Leben gerufen. Zunächst als Sondergericht auf bestimmte Straftaten beschränkt, erlangte er generelle Zuständigkeit ab dem 18. April 1936. Durch das „Gesetz über den Volksgerichtshof und über die fünfundzwanzigste Änderung des Besoldungsgesetzes“ erklärte man es zum „ordentlichen Gericht“. Symbolisch äußerte sich diese Aufwertung in der per Führererlaß angeordneten neuen Kleiderordnung. Man trug nun rote Roben. Diese waren bis dahin den Richtern des Reichsgerichts vorbehalten. Mit dem ehemaligen kommissarischen Justizminister Sachsens und Vizepräsidenten des Reichsgerichts, Georg Thierack, bekam es einen standesgemäßen Präsidenten. Bei der Errichtung des Volksgerichtshofs 1934 hatten die Machthaber noch versucht, besonders vor dem Ausland, den Anschein zu erwecken, es handele sich um ein ganz normales Gericht. Der Reichsjustizminister Gürtner hatte bei der Eröffnungsrede am 14. Juli 1934 gesagt: „Walten Sie Ihres Amtes als unabhängige Richter, verpflichtet allein dem Gesetz, verantwortlich vor Gott und Ihrem Gewissen.“ Aber auch schon hier heißt es: „Wer sich heute gegen die politische Einheit des nationalsozialistischen Staates wendet, kommt zur Aburteilung vor die Fachrichter dieses Gerichtshofs ... (Der Volksgerichtshof) wird die Zeit der politischen ... Instinktlosigkeit, die vor Objektivität und Verfassungstreue die Dinge um sie herum weder sehen konnte noch wollte ... abschließen.“ Zwei Jahre später verschärft sich der Ton. Der gleiche Gürtner bezeichnete das Personal des Volksgerichtshofes als eine „Kampftruppe ... zur Niederschlagung und Abwehr aller Angriffe gegen die äußere und innere Sicherheit des Reiches“. Und Engert, Vorsitzender des 2. Senats und Vizepräsident des Volksgerichtshofs, meinte 1939, daß die Mitglieder des Volksgerichtshofs in erster Linie Politiker und erst dann Richter zu sein hätten. Die Aufwertung des Gerichts 1936 ging auch einher mit einer Vervielfältigung der Todesurteile. Während es von 1934 bis 1936 „nur“ 23 Todesurteile verhängte, waren es allein im Jahre 1937 bereits 32. Ein sprunghafter Anstieg setzte ab 1942 ein. Der Volksgerichtshof verurteilte von 2.572 Angeklagten fast die Hälfte, 1.192 Menschen, zum Tode. Dieser drastische Anstieg geht zeitlich mit der verschärften Kriegssituation einher, aber auch mit einem personellen Wechsel. 1942 war Roland Freisler Präsident des Volksgerichtshofs geworden. In seinem Antrittsschreiben an Hitler vom 15. Oktober 1942 heißt es: „Ihnen, mein Führer, bitte ich melden zu dürfen: Das Amt, das Sie mir verliehen haben, habe ich angetreten ...(Ich bin) stolz, Ihnen, mein Führer, dem Obersten Gerichtsherrn und Richter ... verantwortlich zu sein ... Der Volksgerichtshof wird sich stets bemühen, so zu urteilen, wie er glaubt, daß Sie, mein Führer, den Fall selbst beurteilen würden.