Parteikrise blockiert Umsetzung des Programms zur Konjunkturbelebung

■ Solange die politischen Tumulte andauern, ist mit einem japanischen Signal an die Weltwirtschaft nicht zu rechnen

Zumindest eine Konsequenz der politischen Krise in Tokio scheint festzustehen: Japan wird es wohl kaum schaffen, das neuaufgelegte Konjunkturprogramm für die Wirtschaft wie versprochen im November zu verabschieden. Dabei hatten die westlichen Industrienationen gerade sehnlichst auf die japanische Spritze gewartet. Diesmal ging es dem Westen nicht einmal um konkrete Handelsinteressen; von dem Tokioter Regierungsplan über zusätzliche Ausgaben von 108 Milliarden Mark versprachen sich die Mitglieder der G-7-Gruppe vielmehr ein positives Signal für die durchweg unterkühlte Weltwirtschaft; Japan sollte das Beispiel setzen, daß eine wirtschaftliche Trendwende auch heute noch möglich ist. Allen anderen westlichen Regierungen fehlen derzeit schlicht die finanziellen Mittel, um mit gutem Beispiel voranzugehen.

Doch auf das Signal aus Tokio kann der Westen noch lange warten. Solange die politischen Tumulte in Japan andauern, ist damit jedenfalls nicht zu rechnen. Konkret kommt es dabei nun auf die japanischen Oppositionsparteien an und inwieweit sie es darauf anlegen, den parlamentarischen Abstimmungsprozeß für das Konjunkturprogramm zu blockieren. Grund zum Protest hat die Opposition allemal: Mit dem Rücktritt von LDP-Boß Shin Kanemaru ist in dem ihn belastenden Skandal ja nur die Spitze des Eisbergs sichtbar geworden. Schon weiß man, daß von jener illegalen Parteispende, die Kanemaru zu Fall brachte, insgesamt 60 Parlamentarier profitierten, von denen keiner die steuerrechtlich erforderlichen Angaben machte. Mehr denn je würde es sich also für die Opposition lohnen, jetzt einen Untersuchungsausschuß einzuberufen. Dagegen aber stemmt sich die Regierung mit aller Macht.

In einer solchen Situation gehört es zum Spiel der japanischen Demokratie, daß sich Regierung und Opposition in den Hinterzimmern des Parlaments zusammensetzen und nach langen Unterredungen einen Kompromiß hervorbringen. Doch diesmal kommt ein weiterer Unsicherheitsfaktor hinzu: der Protest der Straße. Kein Tag vergeht derzeit, ohne daß Bürgerinitiativen gegen die Korruption in der Politik demonstrieren, Lokalpolitiker Petitionen an ihre Tokioter Repräsentanten richten und die Zeitungen neue Skandalverbindungen aufdecken. Schließlich war es dieser geballte Protest der Öffentlichkeit, der Shin Kanemaru, den mächtigsten Mann des Landes, stürzte. Nun wartet man darauf, gegen wen sich der Zorn der Bürger als nächstes richtet.

Dabei kommen auch die Oppositionsparteien nicht ungeschoren davon. Sie sind nach Meinung vieler daran Schuld, daß sich dem Wähler auch in Skandalzeiten keine wirkliche Alternative zur LDP bietet. Wie jeder weiß, ist Makoto Tanabe, der Chef der Sozialdemokraten und Führer der größten Oppositionspartei, ein alter Busenfreund von Shin Kanemaru. Bei den Sozialdemokraten mehren sich deshalb die Stimmen, die eine Rückkehr der ehemals populären Parteiführerin Takako Doi fordern.