Demo für Gabcikovo

■ Einigung auf Vier-Punkte-Plan

Berlin (taz) – Die Tage der Tschechoslowakei sind gezählt, doch immer noch ist die Prager Föderalregierung der Gesprächs- und Verhandlungspartner der EG. So auch am vergangenen Mittwoch, als John Major im Konflikt um den Bau des slowakischen Wasserkraftwerkes bei Gabcikovo vermittelte und eine Vier-Punkte- Vereinbarung zwischen Ungarn und der CSFR geschlossen wurde.

Daß die darin enthaltenen Forderungen jedoch kaum das Papier wert sind, auf dem sie geschrieben stehen, dürfte sich schnell erweisen. Denn der eigentliche „Gegenspieler“ Ungarns, die Slowakei, hat sich in den letzten Wochen vehement geweigert, den ersten und wichtigsten Punkt der Vereinbarung zu erfüllen: Sie war nicht bereit, die Bauarbeiten an dem Staustufenprojekt einzustellen. Im Gegenteil. Während die Föderalregierung am Dienstag der vergangenen Woche beschlossen hatte, mit der Flutung des Donaukanals bis zum 2.November – und einem EG- Gutachten über die „Unumkehrbarkeit der Umleitung des Donauwassers“ – zu warten, wurden wenige Tage später vollendete Tatsachen geschaffen. Da der Wasserstand der Donau bei Budapest so inzwischen auf weniger als die Hälfte abgesunken ist, scheint auch der zweite Punkt der Vereinbarung – die Rückführung des Donauwassers in das ursprüngliche Flußbett – kaum realisierbar.

Die Slowakei dürfte in den nächsten Wochen somit eine bereits seit Monaten praktizierte Taktik fortsetzen. Während sie einerseits ihre Bereitschaft erklärt, sich gemäß Punkt drei und vier der Vereinbarung an einem EG-Expertenteam zu beteiligen und sich einem Urteil des Internationalen Gerichtshofes in Den Haag zu beugen, wird sie andererseits die Bauarbeiten zu Ende führen: Bereits am Mittwoch konnte der Direktor des federführenden Bauunternehmens stolz vermelden, daß zwei Turbinen in Betrieb seien. Noch am Wochenende war dagegen versichert worden, daß vorläufig kein Strom erzeugt werden solle.

Während in Bratislava rund 1.000 SlowakInnen für die Fertigstellung des Projektes demonstrierten, machte Vladimir Meciar die Bedingungen für ein Einlenken der slowakischen Regierung – das nach ungarischer Ansicht nur in einem völligen Verzicht auf das Kraftwerk bestehen kann – deutlich: Bei einer Verhandlung in Den Haag müsse das Gericht über eine Entschädigung diskutieren. Ungarn solle dafür zahlen, daß es den 1977 zwischen beiden Staaten geschlossenen Vertrag einseitig aufgekündigt habe. Sabine Herre