Keine Liebesgrüße für die Post

■ SPD läßt Gespräche über Postreform platzen/ Ob AG oder Anstalten – die Postbetriebe müssen dringend saniert werden

Berlin (taz) – Eines muß man Christian Schwarz-Schilling lassen: Für sein wichtigstes Konzept, die Postreform II, streitet der Postminister wacker. Mit einer Grundgesetzänderung des Artikels 87, so sein Plan, sollen Telekom, Postbank und Postdienst aus der dort festgeschriebenen Rechtsform befreit werden. Statt einer bundeseigenen Verwaltung sähe der oberste Postvorsteher die drei Mammut-Unternehmen am liebsten in Aktiengesellschaften umgewandelt. Die zweite Postreform hat nur einen Haken: Für Grundgesetzänderungen bedarf es einer Zweidrittelmehrheit im Bundestag, und dazu braucht Schwarz-Schilling die Stimmen der Sozialdemokraten.

Doch die haben die interfraktionelle Gesprächsrunde am Dienstag erst einmal platzen lassen. Dabei sind sich auch die Sozialdemokraten einig, daß das erst drei Jahre alte Poststrukturierungsgesetz nicht mehr ausreicht, die Zukunft der Posttöchter zu sichern. Im Gegensatz zum Ministerium wollen sie jedoch die Unternehmen in Anstalten des öffentlichen Rechts umwandeln. Ihr Argument: Der ländliche Raum könnte wegen Unwirtschaftlichkeit vernachlässigt werden, zudem sei die Überleitung der PostbeamtInnen schlicht nicht finanzierbar, da horrende Sozialversicherungsbeiträge nachbezahlt werden müßten. Doch hinter diesen Argumenten verbirgt sich eine ganz andere Befürchtung: Sind erst einmal Aktiengesellschaften geschaffen, dürfte die Bundesregierung schon bald zur totalen Privatisierung der Postunternehmen schreiten.

Derweil machen der Postminister und seine Geschäftsführerriege keinen Hehl daraus, wie sie die lahme Postkutsche flottmachen wollen: Als Aktiengesellschaften könnten die Unternehmen ungehindert im internationalen Geschäft mitmischen, was ihnen bislang untersagt ist. Erledigt wären dann auch die auferlegten Fesseln im Wettbewerb mit der privaten Konkurrenz. Zudem gäbe es das so dringend benötigte neue Kapital.

Der Sanierungsbedarf bei den Staatsmonolithen wird immer drängender. Die Postbank, die frühestens 1994 mit schwarzen Zahlen rechnen kann, schleppt ein gigantisches Strukturdefizit mit sich. Der Postdienst, der immer chaotischer und schlechter arbeitet, konnte zwar 1991 einen Gewinn von 400 Millionen Mark erwirtschaften, muß aber zwei Milliarden Mark von der Postbank für den gemeinsamen Schalterdienst verlangen, um die Kasse zu füllen. Noch schlechter steht die ertragsstarke Telekom da: Von ihrem Acht-Milliarden-Überschuß blieb nach den Überweisungen an das Finanzministerium und die Post-Schwestern fast nichts mehr übrig.

Nicht zuletzt deshalb träumen der Postminister und Telekom- Chef Ricke davon, den Telefonriesen an die Börse zu bringen. Als öffentlich-rechtliche Anstalt, so sagen sie, sei der Kapitalmangel nur schwer zu beheben. Für den Widerstand der SPD hat Schwarz- Schilling bereits einen Verursacher ausgemacht: Deren Vertreter seien von der Postgewerkschaft (DPG) ferngesteuert. Tatsächlich haben sich die Postler am vehementesten gegen die Deregulierung der Monopolbereiche gesperrt. Wer nicht nur einmal am Postschalter aufgelaufen ist, der ahnt vielleicht, warum. Erwin Single