Konsequenzen für die Koalition in Potsdam

■ Gerd Poppe (Bündnis 90) zum Rücktritt von Marianne Birthler

taz: Ist der Rücktritt von Marianne Birthler für Sie nachvollziehbar?

Poppe: Stolpe hat von ihr verlangt, daß sie sich in der Öffentlichkeit zu seiner Person bzw. den Vorwürfen gegen ihn nicht mehr äußert. Diese Forderung hat sie nie akzeptiert. Seitdem ist die Zusammenarbeit für sie unerträglich geworden. Sie hat deshalb diesen Schritt vorgezogen, um ihren eigenen Anspruch nach einer integren Politik und Zivilcourage, die sie zu DDR-Zeiten bewiesen hat, auch heute zu beweisen.

Trifft nicht das Bündnis 90 eine Mitverantwortung, weil es das „Stillhalteabkommen“ mit der SPD akzeptiert hat?

Ja, so könnte man das sagen. Zumindest ist die Haltung des Bündnis 90 in dieser Frage sehr unklar. Für Marianne Birthler war dieses Lavieren auf Dauer unerträglich. Dennoch würde ich dem Bündnis nicht die Schuld anlasten. Es wurde von der SPD und insbesondere von Stolpe massiv unter Druck gesetzt, indem die Koalition an die Person Stolpes gebunden wurde. Die Sacharbeit in Potsdam wurde in letzter Zeit auf unerträgliche Weise mit der Personaldiskussion um Stolpe belastet. Mein Vorwurf richtet sich nicht nur gegen Stolpes Rolle in der Vergangenheit, sondern vor allem gegen seinen derzeitigen Umgang mit diesem Thema. Das finde ich noch viel gravierender als die Gespräche, die er damals geführt hat. Inzwischen ist es das Tugendhafteste, mit der Stasi zusammengearbeitet zu haben. Und alle diejenigen, die das nicht getan haben, werden desavouiert.

Kann das Bündnis denn jetzt einfach zur Tagespolitik übergehen und sagen, wir halten uns an die Stillhaltevereinbarung und kümmern uns ansonsten um die Sachpolitik?

In diesem Punkt bin ich kaum der richtige Ansprechpartner. Allerdings erwarte ich genau auf diese Frage eine Antwort von Günther Nooke oder von Mathias Platzeck. Ich denke, es geht tatsächlich nicht einfach so weiter, auch wenn das Bündnis in Brandenburg im Moment noch ein sehr dickes Fell zu haben scheint. Der Rücktritt von Marianne wird erhebliche Konsequenzen haben. Die einzige Möglichkeit besteht auf Dauer darin, daß Stolpe selbst zurücktritt. Anders ist das Problem nicht zu lösen. Dann ist auch die SPD in Brandenburg gefragt, eine Haltung einzunehmen. Bis jetzt ist das die völlig kritiklose Verteidigung der Person Stolpes. Da werden nur noch Glaubensbekenntnisse abgegeben, das hat schon etwas völlig Irrationales. Ich meine, daß die Krise in dieser Koalition, die durch Stolpe entstanden ist, weiter anhält und durch diesen persönlichen Rücktritt nicht beendet ist. Interview: eis