Polizei will durchmarschieren

■ Zum Thema 16E-Schicht in der Lerchenstraße: Innenbehörde lehnt Vergleichsvorschläge in Schmerzensgeldprozessen ab

: Innenbehörde lehnt Vergleichsvorschläge in Schmerzensgeldprozessen ab

Die Innenbehörde hat die Vergleichsvorschläge des Landgerichts im Zivilverfahren von Frank Fennel und Lutz Priebe verworfen, durch den die Schadensersatzprozesse der zwei Männer gegen die Polizei beigelegt werden sollten. Bei dem Rechtsstreit geht es um Übergriffe von Beamten der „16E“-Schicht am Revier Lerchenstraße.

Wie berichtet, war Frank Fennel am 27.Juli 1991 in die Hände der 16E-Fahnder geraten. Weil die vermummten Beamten seine Frau festnehmen wollten — er dachte, es handele sich um eine Entführung durch Zuhälter —, hatte sich Fennel auf die vermeintlichen Entführer gestürzt und sie mit einer Flasche beworfen. Daraufhin warf ihn ein halbes Dutzend Beamter zu Boden, traktierte ihn mit Tritten, Faust- und Knüppelschlägen. Die Folge: Gehirnerschütterung, Nierenquetschung, Prellungen am ganzen Körper. Fennel zog daraufhin vors Zivilgericht.

Im Gegensatz zur Hamburger Staatsanwaltschaft, die in dem Vorgehen der Beamten kein Vergehen sah, rügte die Zivilkammer die Polizeimaßnahmen schon am ersten Prozeßtag. Richter Detlev Timmermann: „Die Polizisten haben über die Stränge geschlagen.“ Der Richter weiter: „Die erheblichen Körperverletzungen waren unverhältnismäßig und ungerechtfertigt.“ Der Jurist gab der Polizei den guten Rat, das gesamte Verfahren mit aufwendiger Beweisaufnahme durch Zahlung eines Schmerzensgeldes aus der Welt zu schaffen.

Ähnlich im Fall Lutz Priebe: Priebe war 20.August 1989 nach einer Demo vor dem Lerchenrevier von 16E-Beamten in die Wache gezerrt worden. Mehrere Beamte hatten dann Priebes Kopf öfter auf eine Tischkante geschlagen, ihm eine brennende Zigarette auf dem Arm ausgedrückt. Bilanz: gebrochenes Nasenbein, Prellungen und Brandwunde. Am ersten Prozeßtag bestätigten mehrere Zeugen Priebes Angaben. Auch hier schlug Richter Timmermann vor, das Verfahren doch durch Zahlung eines Schmerzensgeldes beizulegen.

Doch die unter Beschuß geratene Polizei — selbst amnesty international in London hat sich mittlerweile der „Mißhandlungen“ in der Wache 16 angenommen — schaltet auf stur. Polizeisprecher Wolfgang Lüdtke: „Wir wollen keinen Vergleich, sondern eine eindeutige Klärung der Vorfälle durch das Gericht.“ Ein Urteil habe nach Auffassung Lüdtkes eine „Signalwirkung“ — so oder so. Lüdtke: „Ein Freispruch auf dem zivirechtlichen Weg hätte für uns eine ganz andere Qualität.“ Und wenn es anders kommt? „Dann ist eindeutig festgestellt, daß die Aktion rechtwidrig war, das hätte eine ganz andere Wirkung auf die 16E-Schicht.“ Und: Für den Fall, daß die Polizei wegen der Aktion blechen müsse, so Lüdtke, werde es wohl zu disziplinarrechtlichen Ermittlungen kommen. „Das wird dann wohl interne Konsequenzen haben.“ Der Priebe-Prozeß wird am 4.Dezember fortgesetzt, die Beweisaufnahme im Fennel-Verfahren findet am 28., 29., und. 30.Dezember statt. Frohe Weihnachten! Kai von Appen