Die Polizei - Dein Freund und Helfer

DOKUMENTATION

Die Polizei — Dein Freund und Helfer

Vor ziemlich genau drei Wochen krachte es gehörig zwischen der Morgenpost und Hans Scheibner. Mopo- Chefredakteur Wolf Heckmann wollte eine Satire Scheibners nicht abdrucken, weil er die Polizei in unzulässiger Weise beleidigt sah. Wir dokumentieren im Folgenden sowohl die Satire als auch in Auszügen den recht aufschlußreichen Schriftwechsel zwischen Scheibner und Mopo.

Polizeieinsatzleiter Siggi Seifert wirft die Zeitung auf den Tisch und schlägt so wütend mit der Faust drauf, daß seine Frau Heidemarie gleich einen Schreck bekommt.

„Eine Sauerei ist das, was die da schreiben!“, schreit Siggi Seifert, „die Polizei ist wieder schuld! Weil wir angeblich nicht richtig durchgegriffen haben! Und vonwegen: Linke werden sofort von uns eingesperrt — aber die Rechten dürfen Brandbomben werfen! Die haben wohl noch nie was vom Gebot der Verhältnismäßigkeit gehört. Dazu sind wir als Beamte nämlich verpflichtet, daß wir genau abwägen, wie groß überhaupt der Schaden ist, der abgewendet werden soll! Kannst du mir mal sagen, welchen Schaden die überhaupt anrichten — diese sogenannten Neo-Nazis? Was wollen die denn schon Schlechtes? Sie demonstrieren für Recht und Ordnung, für ein sauberes Deutschland, wo Kriminelle und Fremdkörper keine Chance mehr haben! Ich als Polizist bin ja schließlich auch dafür da, daß Recht und Ordnung geschaffen werden — in dem Punkt stimmen wir doch sogar überein! Und was heißt denn hier: Nazi-Symbole zu tragen ist strafbar, schon deswegen hätten wir sie verhaften müssen?! Ich bin ja nun wirklich kein Nazi — aber ein Hakenkreuz — das steht ja nun in allererster Linie mal für Disziplin und klare Verhältnisse. Wo Sauberkeit und Gehorsam herrschen, da haben Chaoten keine Chance — und Kriminelle schon gar nicht. Oder nehmen wir die Zigeuner! Das Hakenkreuz — das verstehen sie, sag ich dir! Das ist für die ein noch

1schlimmeres Zeichen als ein Besen als Abschreckungssymbol! Und da sollen wir den Demonstranten die Fahnen wegnehmen — wo die doch eigentlich

ganz in unserem polizeilichen Sinne sind?!“

Siggi Seifert ist richtig sauer vor Empörung.

„Gefährlich — das sind die Linken! Wenn die mit ihren Trillerpfeifen auf unsere Staatsmänner losgehen und unseren Kanzler lächerlich machen wollen: Da wird nämlich die Ordnungsmacht selber angegriffen! Da müssen wir dann natürlich dazwischenschlagen! Aber ein Molotow-Cocktail gegen die Fremdkörper des Staates ist zumindest als Wiederherstellung von Recht und Orndnung gemeint! Die Polizei, dein Freund und Helfer, heißt es doch. Ich bin bestimmt kein Nazi. Aber im Dritten Reich hatten wir keine Arbeitslosigkeit und keine Ausländerprobleme. Also — müssen wir doch denen helfen, die so denken wie die Polizei. Nach dem Gebot der Verhältnismäßigkeit.“Hans Scheibner

Scheibner an Heckmann (11.10.1992)

„Ich habe mir den von Ihnen beanstandeten Text noch einmal gründlich angesehen ... und kann nicht erkennen, in welcher Weise hier irgendwie unsachlich oder auf falschen Tatsachen basie-

rend die Gesetze der Satire ... verletzt

werden. Wenn es sich um ein beliebiges Thema handeln würde, würde ich die Sache auch ohne weiteres auf sich beruhen lassen und eben zur Tagesordnung übergehen. Hier aber gehen Sie mit Ihrer Ablehnung an mein Selbstverständnis als Satiriker.“

Heckmann an Scheibner (14.10.1992)

„... es ist nun wirklich sehr hart für mich, einen Berg Arbeit beiseite zu schieben und erneut schriftlich zu begründen, was ich Ihnen schon am Telefon klarzumachen versuchte: Satire darf (fast) alles, unterliegt aber auch dem Gesetz der Verhältnismäßigkeit der Mittel und sollte, zumal in einer regionalen Tageszeitung, eine Bevölkerungsgruppe nicht pauschal beleidigen. ... In Hamburg kam die nach Rostock geschickte Polizei-Einheit mit rund 30 Verletzten zurück. Polizei tappt immer mal daneben — aber der hamburgischen werde ich keinen Satz dieser Art vor den Latz knallen: 'Ich bin ja nun wirklich kein Nazi — aber ein Hakenkreuz — das steht ja nun in allererster Linie für Disziplin und klare Verhältnisse‘.“

Scheibner an Heckmann (18.10.1992)

Ich habe den Eindruck, daß ich mit meinen Beweggründen bei Ihnen völlig ins Leere stoße. ... Ich habe gern für die Hamburger Morgenpost geschrieben — aber daß ich mich in meinem Anliegen einer Art Zensur unterwerfe, können Sie wirklich nicht von mir erwarten.“

Mopo-Geschäftsführung

am 21.10.1992

„Mit Ihrem Vorwurf gegenüber Herrn Heckmann, er verharmlose die nationalsozialistischen Tendenzen in Deutschland, (haben Sie) diesen in einer derart ungerechtfertigten Weise angegriffen, daß das für die Fortsetzung des Vertrages erforderliche Vertrauensverhältnis als zerstört angesehen werden muß.“