Mehr Aids in Bremen

■ Aids-Hilfe: Steigende Infektionsrate nach Drogenbeschluß

In Bremen wird die Zahl der HIV-Infizierten und Aidskranken steigen. Das ist die Befürchtung der Bremer Aids-Hilfe. Die Zerschlagung des Drogenstriches, die Schließung der Anlaufstelle für drogenabhängige Prostituierte in der Schmidtstraße, das Ende des Drogenbusses der Bremer Hilfe und die Demontage zweier Spritzenautomaten im Viertel sind schwere Schläge gegen die Aids- Vorsorge, erklärte gestern der Verein vor Journalisten. „Wenn das alles verwirklicht wird, was der Senat in diesem Zusammenhang beschlossen hat, können wir die Frauen nicht mehr erreichen“, erklärte der Geschäftsführer der Aids-Hilfe, Rüdiger Schumacher. Erreichbarkeit sei aber die wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Aids-Vorsorge.

Zwanzig bis 30 Prozent der Abhängigen sind nach Untersuchungen in Hamburg und Berlin HIV- infiziert oder aidskrank. In Bremen sei die „Durchseuchungsrate“ wesentlich geringer. Zwar habe die Hansestadt eine entsprechende Untersuchung abgelehnt, aber die Untersuchung der Drogentoten durch die Pathologie habe eine Quote zwischen 11 und 14 Prozent ergeben. „Sowohl in Hamburg als auch in Berlin ist beispielsweise mit den Spritzenautomaten wesentlich später angefangen worden als in Bremen“, erklärt Schumacher das Phänomen. Seine These: Spritzenautomaten, Spritzentausch und niedrigschwellige Beratungsangebote, die auf die Ansteckungsgefahren hinweisen, haben die Aids-Rate niedriger gehalten als in anderen Städten.

Die Zerschlagung des Striches treibe die Frauen in Notlagen, die ihnen die Prävention unmöglich machten, sagt Meren Belke vom Projekt Betreutes Wohnen der Aids-hilfe. Etwas ein Drittel aller infizierten oder kranken Abhängigen seien Frauen. „Die müssen sich vor der Polizei verstecken, die Freier können gleichzeitig über die Preise die Bereitschaft zum ungeschützen Verkehr erpressen.“

Die Beschlüsse zur Zerschlagung des Drogenstriches müssen deshalb zurückgenommen werden, fordert die Aids-Hilfe. Der Drogenbus in der Friesenstraße ist heute Nacht das letzte mal unterwegs, die Anlaufstelle Schmidtstraße wird zum 15.11. geschlossen. Das sei „kein ausgewogener Beschluß“, urteilt Helmut Oppermann, Sozialarbeiter bei der Aids- Hilfe, sondern „ein drogenpolitischer Amoklauf“. Besonders enttäuscht sind die Aids-Helfer über die Rolle der Grünen. „Enttäsucht ist eher das falsche Wort, entsetzt ist wohl richtiger.“ mad