Ein Arzt rät: „Rauchen Sie ruhig weiter!“

■ Einstige Patienten der ersten Raucherberatungssprechstunde der DDR gesucht

Berlin. „Ehemaliger Berliner Arzt, 62, jetzt wohnhaft in Regensburg, sucht einstige Patienten der ersten Raucherberatungssprechstunde der DDR am Krankenhaus Friedrichshain zwecks gemeinsamen Treffs.“ So der Text einer Annonce, die Dr. Dieter Paun über ADN verbreitet. Der Arzt, der sich seit 1965 für das Nichtrauchen stark macht, ist bekannt für seine ungewöhnliche Therapie. Er wirbt mit dem Spruch „Rauchen Sie ruhig weiter!“ für die Nikotinabstinenz. Am 5. November lädt er alle jene, die sich davon nicht haben irritieren lassen, zu einem Wiedersehen um 17.15 Uhr in das Selbsthilfezentrum Neukölln, Hertzbergstraße 22 ein.

Weit mehr als 8.000 entwöhnungswillige Raucher haben im Laufe der Jahre bei Paun und dessen Frau versucht, das Paffen sein zu lassen. Eine Untersuchung des Ehepaares im Jahre 1984 bekräftigte die Richtigkeit ihrer Methode: Von 5.000 Patienten, die mindestens zweimal an der Gruppentherapie teilgenommen hatten, rauchten vier Wochen nach Behandlungsbeginn 85 Prozent nicht mehr, nach einem halben Jahr war es fast noch jeder zweite, nach einem Jahr noch jeder dritte. Wesentlich höher und beständiger sei der Erfolg, wenn die Entwöhnungswilligen regelmäßig und über einen längeren Zeitraum zu den Treffs erscheinen und „sich allmählich aus der Gruppe ausklinken“, weiß der Experte.

Wie sieht die Raucherentwöhnung à la Paun aus? Grundprinzip ist die strikte Freiwilligkeit. Eine Gruppe Gleichgesinnter kommt zweimal wöchentlich zusammen, um über Schwierigkeiten der Entwöhnung, das Leben mit und ohne blauen Dunst zu sprechen. Niemand wird unter Druck gesetzt oder gemaßregelt. Jeder kann selbst entscheiden, wann er sich für den Versuch des Verzichts wirklich reif fühlt. Anreiz für das Aufraffen scheint die Gruppe zu sein, die die Noch-Raucher ebenso wie die Nicht-Raucher akzeptiert und stützt. Paun: „Wir wollen nicht mit Gefahren schocken, sondern mit einem schönen Leben locken.“

Ab 1986 wurde die Beratungsstelle im Krankenhaus Friedrichshain für Paun und die Patienten aus unerklärlichen Gründen geschlossen. Zwei Jahre später verließ der parteilose und christlich eingestellte Arzt die DDR und siedelte in den Westen über. Inzwischen wird von und nach Paun in Regensburg, Chemnitz und in Berlin entwöhnt. ADN