Das Erste im neuen Einheitslook

■ Die ARD steht vor dem großen Umbruch: Informationssendungen sollen in die Dritten Programme rücken, doch davon wird es bis 1997 wohl nur noch eines geben

Geht es nach den Vorstellungen des ARD-Programmdirektors Günter Struve, soll sich das TV- Angebot des Ersten massiv verändern. Für ihn beinhaltet der öffentlich-rechtliche Programmauftrag zwar auch Minderheitenprogramme zur besten Sendezeit, sie müssen aber „nicht unbedingt im Hauptprogramm“ ausgestrahlt werden. Folgerichtig forderte er in seinen Plänen für die neue ARD- Programmstruktur im Jahr 1993 nicht nur eine drastische Reduzierung der Feature-Termine, sondern auch eine durchgehende Unterhaltungsorientierung.

Die Intendanten reduzierten Struves Vorstellungen zwar, und der Programmchef versicherte denn auch, daß Information, Kultur, Unterhaltung und Spielfilm „in ihrer Gewichtung nicht verändert“ werden, jedoch seien „Plazierungsveränderungen“ nötig. Einen Dissens zwischen seinen Vorstellungen und den Wünschen der Intendanten sieht Struve jedenfalls nicht, im Gegenteil: „Es fehlt lediglich an der letzten Korrektur über die Zahl und Plazierung der politischen Magazine. Alle anderen Punkte sind nicht mehr in der Diskussion.“

Einigkeit herrsche darüber, das Hauptprogramm bereits um 18.30 Uhr beginnen zu lassen, ein Ergebnis der vollständigen „Harmonisierung“ der Vorabendprogramme. Dahinter verbirgt sich die umfassende Verdrängung regionaler Informationssendungen in die Dritten TV-Programme zugunsten von Unterhaltungsprogrammen.

Derzeit wird bei der ARD eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die prüfen soll, welche Fernsehspiele für attraktive Sendeplätze geeignet sind. Es müsse, so der NDR- Fernsehdirektor Jürgen Kellermeier, berücksichtigt werden, ob ein Stück um 20.15 Uhr wünschenswerte Zuschauermehrheiten erreichen könne. Eine „Vorbesichtigungsgruppe“ solle sich deshalb frühzeitig ein Urteil über Produktionen bilden. Sie kann sich sogar durch Mehrheitsentscheid über Plazierungswünsche der produzierenden Anstalt hinwegsetzen. Sollte ein Konflikt nicht lösbar sein, entscheidet die Konferenz der Programmdirektoren.

Für Struve muß das Hauptprogramm „mehrheitsfähig“ sein, auch „anspruchsvolle Sendungen müssen [...] von einer Mehrheit verstanden werden und Interesse wecken“. Das „Konzernangebot“ der ARD soll durch die umgestalteten Dritten für kleinere Zielgruppen erweitert und das Hauptprogramm entlastet werden, denn „Sendungen, die nur von zehntausend Menschen gesehen werden, gehören nicht ins Erste Programm“.

Günter Struve steht auch Plänen, das Satellitenprogramm 1plus zugunsten eines News-Channels einzustellen, positiv gegenüber. Das bisher dort ausgestrahlte Kulturprogramm lasse sich dann auf die Dritten und den deutsch-französischen Kulturkanal arte aufteilen.

Jüngst forderte Struve auch die Zusammenlegung der bisher sieben Dritten Programme zu einem bundesweiten „ARD3“ bis spätestens 1997. Dabei sollen Sendezeiten für regionale „Fenster“ eingefügt werden. Ihm geht es um einen „strukturell gleichförmigen Mantel“ der Dritten.

Die Intendanten reagierten auf seine Vorstellungen mit mehr oder weniger deutlicher Zustimmung, so etwa der SFB-Chef von Lojewski oder der Intendant des Saarländischen Rundfunks Buchwald.

Der designierte ARD-Vorsitzende und NDR-Boß Plog beschwerte sich über die unautorisierte Veröffentlichung der Pläne, bevor die Intendanten dies genehmigt hätten. Dabei hatten die Intendanten die Richtung der ARD- Zukunft bereits im August formuliert: „Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten müssen heute – zumindest partiell – als Wirtschaftsunternehmen gesehen werden“, und die Landesrundfunkanstalten werden auch unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit programmverträgliche Möglichkeiten einer weiteren Bündelung des Hörfunk- und Fernsehangebots prüfen. Philippe Ressing