Gewitzt geträumt

■ Die Kabarettistin Andrea Badey gastierte auf Kampnagel

gastierte auf Kampnagel

„Also, wenn das das Leben ist, dann ist mir das zu mühsam“, sinniert das heranwachsende Gör Lilly Fendrich aus dem Kohlenpott vor sich hin - ein bißchen resigniert und ein bißchen altklug. Vom heimischen Familienmief hat sie die Nase schon lange voll, und der Bürojob als Sachbearbeiterin im Sozialamt rettet sie erst recht nicht vor den schnöde eingefahrenen Lebensbahnen, denen sie eigentlich immer entkommen wollte.

Mit ihrem Kabarett-Stück Ich träum' ja schon so schnell ich kann trat am Wochenende die Schauspielerin Andrea Badey in der Kampnagelfabrik auf. Begleitet von Kilian Piramovsky am Klavier, gab die Allrounderin eine Reihe schriller Frauentypen zum Besten. Von rotzig bis obercool und von kreischig bis schlagerträllernd spielte sie allerlei Varianten durch, die durchaus als Überlebenselixir gegen eventuell hereinbrechende Alltagsweinerlichkeit herhalten können.

Andrea Badey erweist sich dabei nicht nur als hervorragende Verwandlungskünstlerin, sondern auch als ein wahrhaftig komisches Talent, körpersprachlich und verbal. Gewitzt führt sie vor, wie man mit Klischees statt zu klotzen auch brillant jonglieren kann. Und wie penetrante Vielrednerei sich ganz unauffällig mit plötzlichem Genuschel paart - um erst dadurch vielsagend zu werden. Sie plappert, sie nörgelt, sie zieht lautstark über die Männer her. Singt Gassenhauer und Chansons und gibt immer wieder auch kräftig an. Wer da letztlich den Mund so voll nimmt - sie selber oder nur ihre Figuren - das bleibt ihr kleines Geheimnis.

1Ich träum' ja schon so schnell ich kann hat der gebürtigen Westfalenerin, die sich inzwischen am Berliner Magazintheater einen Namen macht, den Autorenpreis der sozialen Künstlerförderung eingebracht. Auch das Kampnagel-Publikum hätte ihr wohl am liebsten einen Preis gegeben, dem offensichtlichen Erfolg nach zu schließen. Bleibt nur zu hoffen, daß Andrea Badey noch öfter nach Hamburg kommen wird. Dorothea Schüler