■ Das Portrait
: Ditmar Staffelt

Foto: Wolfgang Borrs

Die Freude über sein neues Amt währte nicht lange: Gut eineinhalb Stunden nach seiner Wahl zum neuen Berliner SPD-Vorsitzenden am Samstag gefror Ditmar Staffelt das Siegerlächeln, sieht er sich doch im neuen Parteivorstand im „Zangengriff“ der Parteilinken. Der 43jährige Staffelt ist Nachfolger des ehemaligen Regierenden Bürgermeisters Walter Momper, der im August wegen einer neuen Tätigkeit als Generalbevollmächtiger einer berüchtigten Berliner Immobilienfirma ins Kreuzfeuer der parteiinternen Kritik geriet und sein Amt daraufhin niederlegte. Eine Überraschung war die Wahl Staffelts, der seit 1989 Fraktionschef im Berliner Abgeordnetenhaus ist, nicht, obwohl es eine durchaus ernstzunehmende Gegenkandidatin gab. Er selbst zögerte, sich zur Wahl zu stellen, denn sein Amt als Fraktionschef wollte er auf keinen Fall aufgeben. Der promovierte Historiker ist kein Vordenker der Partei. Seine Stärke liegt im Pragmatismus, im Vermitteln in Konfliktsituationen. Schon während der krisengeschüttelten rot-grünen Koalition in Berlin fiel ihm die Aufgabe zu, zwischen den oft hoffnungslos zerstrittenen Partnern zu vermitteln, „manchmal bis an die Grenzen der körperlichen und seelischen Erschöpfung“, wie er später gestand. Auch in der großen Koalition mit der CDU beweist er Kompromißfähigkeit, allzuviel, glauben die Parteilinken, die den Verlust der sozialdemokratischen Identität befürchten. An der großen Koalition bis zur nächsten Wahl im Jahr 1995 hält er fest, dann allerdings müsse die SPD neue Mehrheiten anstreben. Wo sein Profil liegt, wird Staffelt jetzt beweisen müssen. Der geborene Berliner, der eine typische Parteikarriere hinter sich hat, gilt in der SPD als Mann des Ausgleichs, der es versteht, Parteilinke wie -rechte hinter sich zu scharen, dabei aber bescheiden blieb. „Ich bin kein Drängeltyp“, sagt er von sich. Mit der Wahl zum Parteivorsitzenden ist sicher, daß Ditmar Staffelt der nächste Spitzenkandidat der Berliner SPD sein wird. Um die Partei von ihrem nach dem Zweiten Weltkrieg schlechtesten Wahlergebnis im Dezember 1990 auf vierzig Prozent, wie auf dem Parteitag angekündigt, zu bringen, wird er noch mehr arbeiten müssen als die heute schon durchschnittlichen fünfzehn Stunden pro Tag. Aber, so sagt er, von Hause aus sei er ein optimistischer Mensch. Kordula Doerfler