Eigenwillig auf der Bühne und im Leben

■ Manda Voss ward 106 im Ohnsorg Theater / Volksschauspielerin Heidi Kabel wurde zum 60. Bühnenjubiläum herzlich umjubelt

im Ohnsorg Theater / Volksschauspielerin Heidi Kabel wurde zum 60. Bühnenjubiläum herzlich umjubelt

Manda Voss läßt sich nicht einfach ins Bett schicken oder zur Einnahme der Milchsuppe zwingen. Manda, die Großmutter aller Vossens, empfiehlt: Soll sich doch die Schwiegertochter den Brei in die Haare schmieren. In dem schwungvollen Stück um die eigenwillige alte Dame, die trotz ihrer 106 Jahre gerne in den Zirkus geht und das Träumen nicht verlernt hat, feierte Heidi Kabel am Sonntag zusammen mit dem Ohnsorg-Ensemble ihr 60jähriges Bühnenjubiläum.

„Manda Voss ward 106“, geschrieben von Jean Sarment und 1941 uraufgeführt, übersetzten die rührigen Dramaturgen des Ohnsorg Theaters, Hartmut Cyriacks und Peter Nissen, ins Niederdeutsche und in das Jahr 1900. In der Inszenierung von Ilo von Janko gedeiht Manda Voss zu einer drallen Familienkomödie, bei der es nicht nur viel zu lachen gibt, auch wehmütige und nachdenkliche Anklänge sorgen für Rührung. Bredenau ist fest in den Händen der Familie Voss. Mandas Enkel Albert (Wilfried Dziallas) betreibt den Familiengasthof, Mandas Enkel Henning (Jochen Baumert) ist der Bürgermeister. Sie streiten um die angemessene Art, Omas 106. Geburtstag zu feiern, aber da hat Manda auch noch ein Wörtchen mitzureden. Diese nutzt nämlich das Fest, um der Waise Marie-Luise (Sandra Keck) zu ihrem Traummann zu verhelfen. Manda Voss weiß aus eigener Erfahrung wie das mit Vernunftehen ist, denn sie ist dabei auch nicht ganz glücklich geworden und macht anläßlich ihres Geburtstages keinen Hehl daraus. Ihre Liebelei mit dem Kettensprenger Alexander liegt 70 Jahre zurück, doch dem Lieschen möchte sie wenigstens zu dem begehrten Zirkusdirektor Markus Offenhardt (Jürgen Lederer) verhelfen. Also brüskiert Manda die so sehr auf ihren Ruf bedachte Familie mit Geständnissen ihrer Ehebrüche — die sie allerdings nur vorgibt — und ebnet Lieschens Weg ins Glück. Besonders auch Bühnenbild (Malte Marks) und Kostüme (Felicie Lavaulx-Vrecourt) zeugen von der liebevollen Sorgfalt, mit der im Ohnsorg immer noch aktuelles niederdeutsches Theater gemacht wird.

Bühnenjubiläen sind im 90 Jahre alten Ohnsorg Theater, das sich durch eine geringe Fluktuation im Ensemble auszeichnet, fast nichts Besonderes mehr. Aber 60 Jahre sind schon eine Ausnahme, ebenso wie Heidi Kabel eine Ausnahmeerscheinung im Hamburger Theaterleben ist. Die 78jährige wurde am Ende mit Blumen überschüttet, die sie schnell beiseite legte — „die machen nur Flecken aufs Kleid“. Bürgermeister Henning Voscherau, dem das Ohnsorg durch seine Onkels Walter und Carl schon seit Kindesbeinen ein Begriff ist, bekam einen freundschaftlichen Klaps auf

1die Wange, und Heidi, die Unvergleichliche, wunderte sich über den Jungen, den sie schon als Kleinkind kannte: „Du bist 'n büschn dünn, min Jung.“ jk