Gerechter Geschlechterkrieg

■ Bravouröses Debut: Marina Wandruszka inszenierte mit Absolventen der Theater-Hochschule

: Marina Wandruszka inszenierte mit Absolventen der Theater-Hochschule

Wo zwei Menschen unterschiedlichen Geschlechts zusammen sind, herrscht Krieg; ein gerechter Krieg, denn die Parteien haben für ihre Kampfhandlungen gute Gründe vorzuweisen: Mißachtung, Liebesentzug, die allgemeine Weltlage. Triebfeder der Feindseligkeiten aber ist schnöde Eitelkeit. Das sagt uns Arthur Schnitzler, der diese Erkenntnis wohl aus mannigfaltigen Selbstversuchen geschöpft hat.

Seine Miniaturen, die jetzt im TiK aufgeführt werden, sind Variationen des Geschlechterkrieges, der, wiewohl erbittert geführt, in der Draufsicht nur komisch wirkt. Mit der Szenenfolge haben sich Studentinnen und Studenten des Fachbereichs Schauspiel von der Hamburger Hochschule für Musik und Theater in diesem Jahr verabschiedet. Daß das Thalia-Theater Halbzwei und andere Einakter ins TiK geholt hat, zeigt schon, daß die Inszenierung weit über Debütanten- Niveau steht. Das ist vor allem der Regie der Thalia-Schauspielerin Marina Wandruszka zu verdanken, die die Widersacher in szenische Kontexte stellt, in denen große Gefühle und Niedertracht gut aufgehoben sind. So entsteht eine Komik, die das Dramatische, die ihr zugrundeliegende Doppelmoral, nicht leugnet: wenn ein Er und eine Sie ihre Trennung vollziehen, während sie gemeinsam das Bett abziehen; wenn eine solide, verheiratete Dame sich für den Seitensprung mit Cognac stimuliert...

Den jungen Schauspielerinnen und Schauspielern gelingt es bravourös, den raffinierten, entlarvenden schnitzlerschen Dialogen Gesichter zu geben und den Szenen aus der Jahrhundertwende Aktualität zu verleihen. Nicht allein ihre Spielfreude, vielmehr konzentrierte Körpersprache macht zum Genuß, wenn sie vorführen, wie Potenzschwäche moralisch erhöht zum Liebesbeweis werden kann und wie weibliche Exaltiertheit männliches Selbstbewußtsein unterminiert. Die Rituale kennen wir alle, und in diesen Ritualen ergänzen sich Frau und Mann letztlich ganz prächtig. mib

„Halbzwei und andere Einakter“ ist noch am 7./8. 11. im TiK zu sehen