Keine Abteilung für Nuklearkriminalität

■ Plutonium-Deal über 80 Millionen Dollar mit dem Irak wurde in Hamburg eingefädelt / Bundeskriminalamt ermittelt

über 80 Millionen Dollar mit dem Irak wurde in Hamburg einfädelt / Bundeskriminalamt ermittelt

Die englische Wochenzeitung „Sunday Express“ hat einen 80-Millionen-Dollar-Plutonium-Deal mit dem Irak aufgedeckt, der Anfang Oktober in Hamburg eingefädelt wurde. Hauptverdächtiger ist der britische Kaufmann Normann D., der in Flensburg — angeblich zur Tarnung von illegalen Waffengeschäften mit osteuropäischen Ländern — ein Tauchunternehmen unterhält. Ein Sprecher der Flensburger Staatsanwaltschaft gestern zur taz: „Wir stehen noch ganz am Anfang der Ermittlungen.“

Am 7. Oktober trifft der britische Major Robert T. per Jet in Hamburg-Fuhlsbüttel ein. Der Ex- Militärattaché „legaler“ Waffenhändler nimmt sich im „Airport Hotel“ ein Zimmer. Für den kommenden Morgen ist ein Treffen mit dem britischen Kaufmann Norman D. geplant, bei dem über einen lukrativen Waffendeal verhandelt werden soll. Beim Frühstück am nächsten Tag liefert Norman D. dann auch prompt eine Probe der Ware. In einer sogenannten „Schraube“ befinden sich 2,83 Gramm Plutonium. Schon diese Menge reicht aus, um eine vernichtende Strahlung freizusetzen. Angeblich hat Norman D. 200 Kilogramm verfügbar — ausreichend zum Bau von 20 Atombomben. Major Robert T. zahlt für die Probe 3500 Dollar. Was Norman D. nicht ahnen konnte: Das Treffen wird von zwei Reportern des „Sunday Express“ beobachtet, die Robert T. informiert hatte.

Das nächste Treffen wird für Sofia vereinbart. Die heiße Fracht soll mittlerweile über den Hafen Varna am Schwarzen Meer aus Rußland eingeschmuggelt worden sein. In Sofia tritt dann auch der polnische Hintermann Bo Gosta H. in Erscheinung. Der britische Major möchte vor einem Kauf noch eine weitere Probe sehen. Bo Gosta H. bringt 378 Gramm Plutonium in das „Sheraton Hotel“, läßt beiläufig die Bemerkung fallen: „Am Feitag werden 120 Boxen mit 44 Kilogramm in die irakische Botschaft geliefert.“ Jetzt alarmiert Robert T. die bulgarische Polizei, die 378 Gramm Plutonium können sichergestellt werden, Norman D. und Bo Gosta H. verschwinden. Trotz des geplatzten Deals faxt Bo Gosta H. noch einmal den Major an, schlägt ein neues Treffen in Genf vor: „Wir wollen noch immer Plutonium an den Irak liefern.“

Der geplante Plutoniumschmuggel hat mittlerweile intensive internationale Ermittlungen ausgelöst. Die Federführung der deutschen Recherchen hat das Bundeskriminalamt (BKA) übernommen. BKA- Ermittler Thomas Rindshüßer: „Als National-Zentral-Büro von Interpol haben wir Sofia, Stockholm und

1Genf angeschrieben, um zu erfahren, was an der Sache dran ist. Wir haben aber noch keine Antwort bekommen.“ Und auch in Flensburg wird intensiv gefahndet. Rindshüßer: „Es existiert ein geringfügiges Zuständigkeitsproblem, weil es bei uns keine spezielle Abteilung für Nuklearkriminalität gibt.“ Kai von Appen