■ Das Portrait
: Ilse-Gret Fink

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Foto: Eric-Jan Ouwerkerk

„Wir leben in einer aufregenden Zeit“, sagt Ilse-Gret Fink, eine der sechs Bundessprecherinnen des Unabhängigen Frauenverbandes (UFV). In diesem Satz schwingt Aufbruchstimmung mit, auch wenn die Euphorie der Wendezeit im UFV längst der Ernüchterung gewichen ist. „Der Preis der Vereinigung wird von den Frauen bezahlt.“ Aber das ist für Ilse- Gret Fink kein Grund, zu resignieren. Umorientieren mußte auch sie sich. Als sie in diesem Jahr mit sechzig aus dem aktiven Pfarrdienst ausscheiden mußte, hat sie noch einmal ganz neu angefangen: als Religionslehrerin an einem Ostberliner Gymnasium.

Politisch prägend war für sie ein Kindheitserlebnis. „Die Ausläufer der Pogromnacht habe ich als 6jährige in Erfurt erlebt. Bei dem Laternenfest für Martin Luther auf dem Domplatz bin ich als Kind über ganz viele Scherben gelaufen. Erst 1945 habe ich begriffen, über was für Scherben ich gelaufen bin. Von da an habe ich immer auf die Scherben geguckt und gefragt, wer die verursacht hat.“

Feminismus ist für sie „eine existentielle Frage“. „Wenn man Pfarrerin wird, ist das ein Entschluß, in einer Männerhierarchie tätig zu sein. In dem Moment hat man sich kämpferisch für die Frauenfrage entschlossen.“ Als sie 1961 den Theologen Heinrich Fink heiratete, kam erst das Glückwunschschreiben der evangelischen Kirche und wenige Tage später ein Brief, in dem ihr mitgeteilt wurde, daß sie mit der Heirat alle geistlichen Rechte verwirkt habe. Wenn sie künftig Gottesdienste abhalte, dann als Laiin, bei Trauungen oder Beerdigungen müsse sie zuvor die Erlaubnis des Konsistoriums einholen. „Die Kirche agiert gegen ihr eigenes Buch, wenn sie den Frauen ihr dokumentiertes Recht auf Gleichberechtigung verweigert“, sagt sie und weiß die Schrift auf ihrer Seite. „Adam hat keinen Herrschaftsauftrag bekommen.“ Schließlich heißt es: „Macht euch die Erde untertan.“

Aus ihrer Arbeit in der Christlichen Friedens-Konferenz, der sie seit 1959 angehört, ergab sich für sie die Notwendigkeit eines internationalen Feminismus. Aber derzeit werden die Gedanken „immer wieder magnetisch auf deutsch-deutsche Probleme gelenkt“, bedauert sie. Ilse-Gret Fink warnt vor der „gesellschaftlichen Harmlosigkeit des Feminismus“. Daß Frauen gegenwärtig so stark mit sich selbst beschäftigt sind, sei das beste, was dem Patriarchat passieren könne. Noch ist für sie aber nicht entschieden, „ob das Verstummen der Frauen ein Zeichen von Resignation ist oder ein Zeichen des Kräftesammelns“. Dorothee Winden