Keine Mercedes-Milliarden für Aufschwung Ost

■ Der Automobilkonzern steigt aus dem geplanten Lkw-Werk in Ahrensdorf aus

Berlin/Potsdam/Stuttgart (taz/ dpa) – Gestern vormittag noch dementierte die brandenburgische Landesregierung – nur einige Stunden später kam dann die Bestätigung aus Stuttgart: Der Mercedes-Benz-Konzern wird den Bau des modernsten europäischen Lkw-Werkes in Ahrensdorf bei Berlin vorerst „aufschieben“.

Einen entsprechenden Beschluß gab der Mercedes-Vorstand gestern nachmittag in Stuttgart bekannt. Ein späterer Zeitpunkt für den Bau des Werkes wurde allerdings nicht genannt. Mercedes- Chef Werner Niefer machte für die Entscheidung „strukturelle Probleme in der europäischen Nutzfahrzeugindustrie“ verantwortlich. Dazu kämen mittelfristig veränderte Markterwartungen für Westeuropa aufgrund der rückläufigen Nachfrage für leichte und schwere Lastwagen und deutlich reduzierte Aussichten in Osteuropa. Ursprünglich hatte Mercedes in das geplante Lkw-Werk Ahrensdorf mehr als eine Milliarde Mark investieren wollen. In Ahrensdorf sollten ab 1994 rund 4.000 Beschäftigte jährlich etwa 40.000 Lastwagen fertigen.

Hintergrund des Ausstieges aus dem Milliardenprojekt ist die Konjunkturflaute in der Autoindustrie, von der auch Mercedes empfindlich betroffen ist. Schon vergangene Woche war bei dem Stuttgarter Unternehmen vereinbart worden, die Weihnachtspause in den inländischen sieben Personenwagen- und fünf Nutzfahrzeugwerken für 127.000 Beschäftigte bis einschließlich 8.Januar zu verlängern. Für das laufende Jahr wurden drei bis vier weitere Tage Arbeitsruhe vereinbart.

Probleme hat Mercedes derzeit auch mit dem ehemaligen Ifa-Lkw- Werk Ludwigsfelde bei Ahrensdorf, das der Konzern 1991 übernommen hatte. Zwar wurde die Produktion von 8.400 auf dieses Jahr 18.000 Fahrzeuge gesteigert. Doch das frühere DDR-Werk gilt als schwer sanierbar.

Die IG Metall in Brandenburg erklärte, mit der Entscheidung von Mercedes, aus dem Bau des Ahrensdorfer Werkes auszusteigen, seien die Hoffnungen auf einen Aufschwung in der ostdeutschen Metallindustrie dahin. Es sei zu befürchten, so der 1. Bevollmächtigte der IG-Metall-Verwaltung Ludwigsfelde, Hermann von Schuckmann, daß nach der Absage des größten deutschen Konzerns auch andere Unternehmen auf ein Engagement in der Region verzichteten. „Besonders ärgerlich“ sei, daß der Gesamtbetriebsrat der Daimler-Benz AG „den ersten Stein geworfen“ habe. Dessen Vorsitzender, Karl Feuerstein, hatte sich kürzlich gegen den Bau ausgesprochen. Wegen des im Konzern geplanten Belegschaftsabbaus in allen Werken sollten neue Pläne aufgeschoben oder ganz gestrichen werden. KV