Endlich: Sat.1 bekommt Ohren

■ Heinz Klaus Mertes wechselt vom BR zum Springer-Fernsehen

Selbst das Zentralorgan des Springer-Konzerns, die Tageszeitung Die Welt, fand seine Berichterstattung zuweilen „haarsträubend“. Jetzt haben Axel Cäsars Enkel den CSU-Journalisten mit der Igelfrisur nach Hamburg geholt. Heinz Klaus Mertes, noch TV-Chefredakteur des Bayerischen Rundfunks (BR), wird „Programmdirektor Information“ des Privatsenders Sat.1.

Sein neuer Chef ist ein politischer Freund und Kollege von gestern: Chefredakteur Michael Rutz war einst beim BR „Programmbereichsleiter für Politik und Zeitgeschehen“. „Eine erhöhte Schlagkraft für weitere programmliche Entwicklungen“ verspricht sich Rutz von seiner neuen Geheimwaffe im Quotenkampf. Daß Mertes ein rechter Sprengkopf ist, hat er der Fernsehnation in der Vergangenheit mehr als einmal bewiesen. Sein letzter Walkürenritt war ein „Tagesthemen“-Kommentar im Februar dieses Jahres. Freudig griff der Mann mit den Ohren eine haltlose Enthüllungsstory des inzwischen eingestellten Gossenblattes Super! auf. Er behauptete, Günter Wallraff sei eine „steuerbare Leitfigur“ der Stasi zur „Systemveränderung“ gewesen. Einen Monat zuvor hatte es bereits eine andere herzerfrischende Folge aus dem Straßenfeger „Mertes Meriten“ gegeben. Der „Report“-Inquisitor hatte dem brandenburgischen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe, der auf einem Monitor zugeschaltet war, die Rüchtrittsforderung „in die Augen“ gesprochen.

Wegen der beiden Affären wurde dem Moderator kurzfristig ein Maulkorb verliehen, doch schon bald darauf führte er wieder ganz ungeniert durch „Report“ aus München. Seinen wohl letzten öffentlich-rechtlichen Auftritt hatte er mit „Report“ am 26. Oktober.

Erinnert sei hier noch an Mertes' Kriegberichterstattung von der Hafenstraße, seine einfühlsamen Kohl-Interviews und die Haßtiraden auf die IG Medien. Mertes, der die „Frontstellung“ zwischen Springer und den öffentlich-rechtlichen Sendern als „fatal“ bejammerte, ist nun dort eingeschlagen, wo er hingehört. saja/kotte