Rostocker CDU-Politiker brüskierte Ignatz Bubis

■ Bubis: „Typisch für die Dummheit vieler“

Berlin (taz) – Die politische Klasse in Rostock läßt keine Gelegenheit aus, den internationalen Ruf ihrer Heimatstadt als Hort des Rassismus und Antisemitismus zu untermauern: Mit einem Eklat endete gestern der eintägige Besuch von Ignatz Bubis in der Hansestadt. Während einer Pressekonferenz im Rathaus entblödete sich der Vorsitzende des Rostocker Innenausschusses, Karl-Heinz Schmidt (CDU), nicht, folgende Worte an den Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland zu richten: „Herr Bubis, Sie sind deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens. Ihre Heimat ist Israel. Ist das richtig so? Wie beurteilen Sie die täglichen Gewalttaten zwischen Palästinensern und Israelis?“

Bubis fragte nach: „Sie wollen mit anderen Worten wissen, was ich hier eigentlich zu suchen habe?“ Die Äußerungen Schmidts bezeichnete er als typisch für die „Dummheit und Unwissenheit vieler Menschen“. Alsdann klärte er den Kommunalpolitiker auf: Jude zu sein, sei kein nationaler Prägestempel, sondern eine Glaubensfrage. Die Zentralratsmitglieder Micha Guttmann und Michael Friedmann, die Bubis auf seiner Reise nach Rostock begleitet hatten, forderten den sofortigen Rücktritt von Schmidt. Wie die taz erfuhr, wollte sich die Rostocker CDU-Fraktion noch gestern abend mit der Entgleisung beschäftigen.

Der Vorsitzende der Bürgerschaft, Christoph Kleemann vom Bündnis 90, bezeichnete die Äußerungen als „schlimm und brüskierend“. Das sei nicht mit „ausgerutschter Wortwahl“ zu entschuldigen. Michael Friedmann erklärte, falls die Rostocker Stadtoberhäupter auf diesen Vorfall nicht reagierten, sei für ihn und den Zentralrat der Ruf Rostocks als fremdenfeindliche, rassistische Stadt berechtigt.

Vor dem Eklat hatte sich Bubis kritisch zu den rassistischen Krawallen im August und zu der Verhaftung französischer Juden in Rostock vor wenigen Wochen geäußert. Entsetzen äußerte Bubis darüber, daß den inhaftierten orthodoxen Juden, die vergangene Woche freigelassen worden waren, von der Haftleitung empfohlen wurde, nicht ihre Kipas, ihre traditionellen Kappen, aufzusetzen, um „Mitgefangene nicht zu provozieren“. Bubis fragte auf der Pressekonferenz: „Wo leben wir eigentlich?“ ccm Kommentar Seite 10