Böser Krawall im Theater

■ Das Orchester lehnt Simone Young endgültig ab, und Heyme streicht schon mal zwei Opern / Trüpel: „Das ist der Konfliktfall“

Simone Young, zäh umstrittene Bewerberin um das Amt der Generalmusikdirektorin, ist jetzt endgültig durchgefallen: Unser Staatsorchester hat sich vorgestern in einer geheimen Abstimmung mit allen Streichern, Pauken und Trompeten gegen sie ausgesprochen. Die Kölner Kapellmeisterin, an diesem Tag wegen zweier weiterer Probedirigate in Bremen, zog daraufhin ihre Bewerbung zurück; die Stelle muß nun erneut ausgerufen werden.

Damit hat der Intendant Heyme sein erstes Scharmützel gewonnen. Schon vor Tagen hatte er der Kultursenatorin angedroht, er werde Simone Young, falls die Wahl sie träfe, dann eben nicht in sein Theater lassen. Im übrigen sei er bereit, durchaus eine Zeitlang ganz ohne GMD durchzuhalten.

Wie sich diese Periode gestalten könnte, zeichnet sich jetzt schon ab: Noch am Abend nach der Orchesterversammlung wies Heyme die Theaterwerkstätten an, ihre Arbeit am Bühnenbild der Oper „La Boheme“ unverzüglich abzubrechen. Geplant sei nur mehr eine konzertante Notaufführung, hieß es.

Da hatte er aber die Rechnung ohne den noch amtierenden GMD Viotti gemacht. Der sprang sogleich auf den Plan und schimpfte nach Kräften. Der Ausgang dieses neuesten Streits ist offen, das Theater ist ja mit den laufenden Krisensitzungen schon ausgelastet; ein weiterer Einschnitt aber ist bereits beschlossene Sache: Morgen wird Heyme der Presse verkünden, daß leider auch, mangels Geld, im Frühjahr die Oper „Xerxes“ nicht stattfinden könne.

Als Ersatz für das Projekt, in dem Hans Kresnik hätte Regie führen sollen, sucht Heyme jetzt eine kleine Lösung. Es wird also nun statt sieben, wie noch unter Richter, nur mehr dreieinhalb Operpremieren geben.

Daß da bei Gelegenheit ein Intendant die Opernsparte abbaut, dem das Schauspiel nach wie vor ganz ungewöhnlich teuer ist, mag Kultursenatorin Trüpel nicht einsehen: „Das geht so nicht. Ich kann nicht akzeptieren, daß in der Oper große, publikumswirksame Stücke gestrichen werden, nur damit das Schauspiel sich weiterhin aufwendige Inszenierungen und überhöhte Gagen leisten kann.“

Zwar will die Senatorin nun „darauf verzichten, Frau Young gegen das Orchester durchzusetzen“, in Sachen Geld aber gelobt sie Unerbittlichkeit: „Heyme hat doch die Besetzungsfrage nur instrumentalisiert. Es geht immer noch im Grunde um sein Finanzgebaren; da ist der Streit jetzt wenigstens offen.“ Vom Intendanten war bis Redaktionsschluß leider keine Stellungnahme zu erlangen.

Heyme wird, wie die taz berichtete, schon seinen ersten Etat um zirka eine Million Mark überziehen. Und das, obwohl ihm zum Wirtschaften eigentlich ganze zwei Millionen mehr zur Verfügung standen als noch seinem Vorgänger Richter. Am 12. November muß Heyme seinem Theater-Aufsichtsrat offenbaren, wie er das Geld in der zweiten Hälfte der Spielzeit wieder einsparen will - was aber nie

2 Fotos:

links die Frau

rechts den Mann

mit vorgehaltner Hand

Trüpel gegen Heyme: der Krach wird mählich ernst

mand im Ernst für möglich hält. Die Verträge sind geschlossen, die Tatsachen vollendet.

Während also Verwaltungsdirektor Rempe noch rechnet, daß Gott erbarm', ist schon alles gerichtet für's nächste Gefecht zwischen Heyme und Trüpel. Kenner fürchten, daß es dem ersten ähneln wird: Da hatte Heyme wochenlang gegen Simone Young gefochten, hatte seine SPD-Kontakte mobilgemacht und einen Offenen Brief abgefeuert und schließlich, vor der Abstimmung, die verzagten Musikanten des Staatsorchesters zu Gesprächen beiseite gezogen, nicht ohne sich gleichzeitig wegen seines „Finanzgebarens“ mit dem eigenen Verwaltungschef zu verkrachen, und hatte sich am Ende doch durchgesetzt, was Helga Trüpel bedauert:

„Schade, daß sich so viele haben beeinflussen lassen“.

Die Kultursenatorin ihrerseits hatte die Suche nach dem neuen GMD betrieben, ohne den hiesigen Sachverstand groß zu Rate zu ziehen; stattdessen flog sie lieber selber mit dem Staatsrat Schwandner, bei eingestandener Ahnungslosigkeit in punkto Musik, nach London und Köln, um die Kandidaten Lloyd und Young zu begutachten. Die Findungskommission hatte dagegen bisher nicht viel auszurichten; und Hansgünther Heyme, der eigentlich drin sitzt, hatte, um seinen Streit auszutragen, leider außerhalb die weit bessere Gelegenheit.

Am 23. November tritt die Findungskommission zusammen und fängt noch einmal von vorn an. Manfred Dworschak