RAF-Prozeß in Stammheim: Ein Überfall, zwei Urteile

■ Acht Jahre für Boock, lebenslang für Klar

Stammheim (taz) – Noch einmal lebenslang für Christian Klar und acht Jahre für Peter-Jürgen Boock. So lautete gestern der Spruch des 2. Strafsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart gegen den RAF-Gefangenen und den RAF-Aussteiger wegen des Überfalls auf die Schweizerische Volksbank in Zürich, der im November 1979 in eine wilde Schießerei gemündet war. Eine unbeteiligte Passantin starb damals im Kugelhagel, ein Polizeibeamter und eine weitere Frau wurden verletzt.

Praktisch ändert das neue Urteil für Klar und Boock, die beide bereits zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt sind und seit zehn beziehungsweise fast zwölf Jahren sitzen, zunächst nichts. In der erneut bestätigten Gesamtstrafe bleibt es für beide bei lebenslanger Haft. Ihre Chancen, das Gefängnis in absehbarer Zeit verlassen zu können, sind jedoch mit dem gestrigen Urteil weiter gesunken. Das Gericht verurteilte die Angeklagten wegen Raubes mit Todesfolge und mehrfachem versuchten Mord, aber nicht, wie die Bundesanwaltschaft verlangt hatte, wegen eines vollendeten Mordes an der 56jährigen Passantin. Das Gericht hielt es für „nicht aufklärbar“, ob die Frau durch die Kugel eines RAF-Mitglieds oder eines Polizisten ums Leben gekommen war.

Boock profitierte wegen seines Geständnisses und der sogenannten „Lebensbeichte“ vom Frühjahr 1992 gegen seinen erklärten Willen von der Kronzeugenregelung. Das Gericht blieb mit acht Jahren unter dem Mindeststrafmaß für Raub mit Todesfolge. Gründe für eine Strafmilderung seien bei Klar dagegen nicht zu erkennen, begründete der Gerichtsvorsitzende die erneute lebenslange Freiheitsstrafe. In ihrer Begründung für die neue, alte Gesamtstrafe hielten die Richter bei beiden Angeklagten eine besondere „Schwere der Schuld“ für erwiesen. Gero Seite 4