■ Mit der Gatt-Farce auf du und du
: Kein Wunder

Brüssel/Chicago (taz) – Die EG-Agrarpolitik sorgt für Wirbel – und das auf allen Ebenen. Die USA und die Europäische Gemeinschaft haben ihre Verhandlungen über den Abbau der Agrarsubventionen am Dienstag abend in Chicago wieder einmal erfolglos abgebrochen. Die Delegationen unter US-Landwirtschaftsminister Edward Madigan und dem EG- Agrarkommissar Ray MacSharry hatten sich um einen Kompromiß bei dem transatlantischen Ölsaatenstreit bemüht. Aber ehrlich: Wer hatte schon über Nacht ein solches Wunder erwartet? Die Gatt-Konferenz, bei der seit sechs Jahren ohne Ergebnis um ein allgemeines Zoll- und Welthandelsabkommen gerungen wird, ist damit jedenfalls wieder mausetot.

Statt dessen drohen die Unterhändler jetzt mit einem neuen Spielchen: dem Handelskrieg. Die USA wollen Sanktionen gegen die EG verhängen. Beim Gatt-Rat, der gestern in Genf zusammentrat, solle die Genehmigung für Strafzölle beantragt werden. Zuvor hatten die USA stets erklärt, sie wollten einseitig und ohne Absprache keine Sanktionen ergreifen. Hugo Paemen, ein ranghoher EG-Funktionär, gab kurz danach bekannt, auch die Gemeinschaft habe bereits eine Liste von Gemeinheiten in der Schublade – für den Fall, daß die USA tatsächlich Strafzölle in Höhe von einer Milliarde Dollar auf EG-Produkte verhängen sollten.

Im Mittelpunkt des Konflikts stehen die staatlichen Stützungsmaßnahmen für die europäischen Bauern, die laut der US-Administration ihren Farmern den Zugang zum EG- Markt versperren. Nicht zuletzt wegen der massiven Einbußen der amerikanischen Sojabohnenpflanzer fordern die USA, daß die europäische Ölsaatenproduktion (Raps und Sonnenblumen) von zwölf auf sieben Millionen Tonnen reduziert wird. Als Stolperstein hat sich die vom Gatt-Generalsekretär vorgeschlagene 24prozentige Senkung der subventionierten Exportmengen erwiesen. Da spielen bekanntlich die EG- Bauern, allen voran die französischen, nicht mit. Die EG verlangt im Gegenzug, daß die USA die Ausfuhr von Getreide- Substituten herunterfahren. Außerdem wollen die EG-Bauern gerne ihr überschüssiges Getreide als Viehfutter verwenden, weshalb ihnen die amerikanischen Korngluten (Maiskleber) ein ständiger Dorn im Auge sind, auf die sie keine Importzölle erheben dürfen. Ach, und da gäbe es ja noch den inneramerikanischen Bierzwist. Erwin Single