Hillary's husband elected

■ Bill Clinton triumphiert/ Demokraten haben auch die Mehrheit in Senat und Repräsentantenhaus

Washington/Berlin (taz/AP/AFP) – „Sie wird die beste first lady der Geschichte.“ Mit diesen Worten leitete Bill Clinton gestern seine victory speech in Little Rock, Arkansas, ein. Die kluge Juristin bewahrte derweil in der Tasche ihres blauen Kostüms den Text seiner Rede auf. 13 Monate nachdem der Gouverneur von Arkansas seine Kandidatur für den Präsidenschaftsposten angekündigt hatte, feierten Bill und Hillary Clinton in der Heimatstadt des Demokraten mit Zehntausenden von Anhängern ihren triumphalen Sieg über George Bush. Clinton wird am 20. Januar als 42. Präsident der Vereinigten Staaten in das oval office des Weißen Hauses in Washington einziehen.

Flankiert von Hillary, seiner zwölfjährigen Tochter Chelsea, begleitete vom zukünftigen Vizepräsidenten Al Gore, dessen Gattin „Tipper“ und deren vier Kinder, erklärte Clinton mit heiserer Stimme: „An diesem Tag hat das amerikanische Volk mit großen Hoffnungen, mutigen Herzen und in riesiger Zahl dafür gestimmt, einen Neuanfang zu machen.“

Nach den bis gestern nachmittag vorliegenden Ergebnissen entschieden sich die Wähler in 32 Bundesstaaten und in der Bundeshauptstadt Washington für Clinton. Nur in 18 Bundesstaaten konnte George Bush die Mehrheit der Stimmen erlangen. Insgesamt konnte Clinton 370 der 538 Wahlmänner auf sich vereinen. Der unabhängige und unberechenbare Milliardär Ross Perot ging aufgrund des Mehrheitswahlsystems leer aus, obgleich er 19 Prozent der abgegebenen Stimmen erhielt. Landesweit entschieden sich 43 Prozent für Clinton und 38 Prozent für Bush.

Die Wahlbeteiligung, 1988 bei 48,4 Prozent, lag dieses Mal weit höher. Schätzungen der Wahlbüros zufolge gingen rund 55 Prozent der 189 Millionen Wahlberechtigten zu den Urnen. Die Erstwähler, die elf Prozent der Wählerschaft ausmachten, entschieden sich mit großer Mehrheit für Clinton.

Der 46 Jahre alte Bill Clinton, ein Vertreter der Nachkriegsgeneration, der baby boomer, ist der drittjüngste US-Präsident aller Zeiten. 1901 war Theodore Roosevelt im Alter von 42 Jahren, 1961 John F. Kennedy im Alter von 43 Jahren in das Weiße Haus eingezogen.

„Das Volk hat gesprochen, und wir respektieren die Majestät des demokratischen Systems“, erklärte der Verlierer George Bush in Houston. Obgleich er in den letzten Tagen des Wahlkampfes eine böse Schmutzkampagne gegen Clinton inszeniert hatte, forderte er Unterstützung für den neuen Präsidenten. Der noch amtierende Vizepräsident Dan Quayle kommentierte den Sieg des Rivalen: „Wenn er das Land so führt wie seinen Wahlkampf, dann geht alles gut.“

In Washington wurde gestern schon heftig spekuliert, mit welcher Regierungsmannschaft Clinton versuchen wird, seine großen Reformpläne zu verwirklichen. Als Anwärter auf das Amt des Außenministers wurden am Mittwoch der Abgeordnete Lee Hamilton, der frühere Unterstaatssekretär Warren Christopher, der demokratische Parteichef Ron Brown, Senator Bill Bradley und der frühere Vizepräsident Walter Mondale gehandelt.

Bill Clintons Popularität strahlte auch bei den Wahlen für den Senat und das Repräsentantenhaus auf andere Demokraten ab. Im Senat konnten die Demokraten ihre Mehrheit von 57 auf 58 Sitze ausbauen, die Republikaner kamen auf 42. Im Repräsentantenhaus errangen die Demokraten 268, die Republikaner 166 Sitze.

Insgesamt zogen in den Kongreß mehr Frauen und afrikanische Amerikaner ein als je zuvor. Besonders gefeiert wurde die 44jährige Demokratin Carol Moseley Braun, die im Bundesstaat Illinois als erste schwarze Frau in den Senat gewählt wurde. In Kalifornien gingen beide Senatsmandate an Frauen. Zum ersten Mal in der Geschichte der USA wurde auch ein Indianer in den Senat gewählt, der Demokrat Ben Nighthorse Campbell vom Stamm der Northern Cheyenne.

Auch bei den Gouverneurswahlen in zwölf Staaten waren die demokratischen Kandidaten erfolgreich. In Indiana, Vermont, West-Virginia und Rhode Island wurden die bisherigen demokratischen Amtsinhaber wiedergewählt. In North- Carolina, Missouri und Delaware siegten die demokratischen Bewerber gegen ihre republikanischen Konkurrenten. Umgekehrt war es nur in North-Dakota. In Utah, Montana und New Hampshire ging der Gouverneurssessel erneut an republikanische Kandidaten. Damit stehen nun in 30 Bundesstaaten Demokraten an der Spitze, in 18 Bundesstaaten Republikaner und in zwei Bundesstaaten unabhängige Gouverneure.

In der Bundeshauptstadt Washington feierten Demokraten ausgelassen ihr fulminantes Comeback nach zwölf Jahren republikanischer Präsidentschaft. Tausende von Menschen, zumeist Studenten, versammelten sich vor dem Weißen Haus und sangen im Chor: „Bye bye Bush.“ Sie schwenkten Schilder für das Recht der Frauen auf Abtreibung. „Vor acht Jahren wären diese Studenten Republikaner gewesen“, erklärte ein Studenten-Aktivist. „Aber sie haben Clinton gewählt, weil sie Angst haben, daß ihnen ihre Rechte genommen werden. Sie sind für eine Veränderung, sie haben ihre Stipendien verloren und könne keine Arbeit finden.“

In Washington wurde per Referendum die Wiedereinführung der Todesstrafe abgelehnt, die dort zum letzten Mal 1957 vollstreckt wurde. Die Abstimmung, bei der zwei Drittel dagegen votierten, war auf Anweisung des Kongresses anberaumt worden. Das Ende der Herrschaft der moral majority in den USA illustrieren die Ergebnisse weiterer Referenden. In Maryland und Arizona wurden die Initiativen, Abtreibungen zu verbieten, mit großer Mehrheit zurückgewiesen; in Oregon scheiterte eine Initiative, Homosexualität als „abnormal, falsch, widernatürlich und pervers“ zu stigmatisieren. M.S.

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