Tradition und Moderne

Solide Arbeit und kreative Lust: experimentierfreudige Tischler, Glaser, Polsterer und Metallwerkstätten auf der  ■ Mottenburger Möbelmesse

Als Experimentierfeld für handwerkliche Möbelmacher im Spannungsfeld von Tradition und Moderne, von solider Arbeit und Lust an Kreativität — so versteht sich die Mottenburger Möbelmesse in Altona. Zum zweiten Mal findet sie demnächst statt, Veranstalter ist der 1986 von acht Tischlern und Tischlerinnen ins Leben gerufene Verein Stückgut. Ihr Anliegen: Das Handwerk von seinem Schattendasein befreien, nicht nur Aufträge ausführen, sondern auch selbst Möbelstücke entwerfen. Und außerdem möchte man die Hamburger Designerdiskussion „aufmischen“.

Rund 35 Handwerksbetriebe werden auf der diesjährigen Messe vertreten sein. Norbert Huhn vom Veranstalter Stückgut hofft nicht nur auf potentielle Kunden, Designer und Vertreter von Möbelhäusern, sondern will auch die Zusammenarbeit der Handwerker untereinander gefördert sehen.

In Anlehnung an den Bauhausstil stehen Funktionalität und saubere Verarbeitung im Vordergrund. Aber natürlich sollen die Objekte auch schön und behaglich sein. Sie passen sich unterschiedlichen Einrichtungsstilen an und haben doch ihren eigenen Charakter. Dabei sollen sie auch dem „Strom der Zeit“ standhalten, was Qualität und Mode betrifft. Und Witz und Charme haben die Möbelstücke, auch wenn sich dies manchmal erst auf den zweiten Blick erschließt.

Jens Kühl arbeitet seit drei Jahren in der Tischlerei seines Vaters. „An die Grenzen des Machbaren herantasten“ ist sein Motto für den Umgang mit dem Material Holz. Kühn geschwungen wie ein hoher, vom Wind leicht gebeugter Baum ist sein Ausstellungsstück „Stummer Diener“ aus gebogenem schichtverleimten Mahagoni. So verblüffend leicht wirkt er, daß der Betrachter zögert, seinen schweren Mantel daran aufzuhängen. Doch Jens Kühl hat schon mit einem Eimer Wasser geprobt, der Schwerpunkt ist genau berechnet. Oder sein ovales Bett. Nach innen geneigte, gewellte Fußgestelle, für den Betrachter unsichtbar, vermitteln den Eindruck, das Bett schwebe im Raum.

Hermann Weiland und Leo Kuck von Metall-Design werden zum zweiten Mal dabei sein. „Gürtlerhandwerk“ nennt sich ihre Arbeit: Löten, Schweißen und Metalldrücken mit Messing, Stahl und Edelstahl. Zu Leo Kucks Auftraggebern gehören überwiegend Architekten, dabei bleibt jedoch ausreichend Spielraum für Eigenentwürfe. Avantgardistisch soll seine Arbeit nicht sein, sondern eher am Gebrauchswert orientiert, obwohl er mit Designern zusammenarbeitet und Kontakte zur Kunsthochschule pflegt. Vielfach kommen Privatkunden und wünschen Sonderanfertigungen oder aus einem skurrilen Objekt ein Möbelstück. Auf der Messe wird ein turmhohes Eckregal

1aus Stahl zu bewundern sein, das Kuck für einen Lektor entwarf, der seiner Bücherflut nicht mehr Herr wurde. Nach Möglichkeit werden umweltverträgliche Lackierungen benutzt, Stahl durch Bienenwachs vor Rost geschützt.

Weitere Exponate: eine rochenförmige Wandleuchte „Manta“, ein filigranes Cafétischchen mit Glasplatte und Pyramidenfuß aus Platane oder die „halbe Sache“ für die Wand, ein Beistelltischchen aus Metall, verschiedenfarbig gelackt. Verlieren kann sich der Betrachter in der gläsernen, durchsichtigen Welt der Spiegel, Tische, Regale im

1Glaslabyrinth, die die Designerin Petra Maus entwirft. Im Spiegel gläserner Uhren kann man den Lauf der Zeit verfolgen.

So können die Besucher handwerkliche Produktion als Alternative zu Möbeln „von der Stange“ begreifen. Natürlich haben Qualität und individuelle Fertigung auch ihren (verdienten) Preis. Gabi Werner

Öffnungszeiten der Messe: Sonnabend, 14. November, ab 17 Uhr, an den folgenden Tagen bis Sonntag, 22. November, jeweils 11 bis 20 Uhr. Im Kommunikationszentrum Motte in der Rothestraße 50.