„Asyldebatte immer hysterischer“

■ Psychologen bieten Politikern Hilfestellung / Erziehung zur interkulturellen Begegnung nötig

Einen „tiefgreifenden kulturellen Wandel“ sieht der Berufsverband Deutscher Psychologen (BDP) auf die Bundesrepublik zukommen. Anzeichen dafür seien die zunehmende Hysterie in der Asyldebatte und das Wiedererstarken rechtsextremer Parteien.

Der BDP fordert die Politiker auf, von Kalkulationen mit „vermeintlich erträglichen“ Folgekosten der Asylrechtsänderung abzugehen. Stattdessen müsse öffentlich eine ursachenorientierte Diskussion geführt werden, die die Migrationsbewegungen und die eskalierende Gewaltbereitschaft als eine der gesellschaftlichen Reaktionen thematisiert. Der Einsatz psychologischer Erkenntnisse sei dabei dringend erforderlich.

Der 17.000 Mitglieder starke Berufsverband wird auf seiner Delegiertenkonferenz am Wochenende in Bremen ein Vier-Punkte- Programm verabschieden, mit dem die Psychologen der Radikalisierung in der Asylfrage entgegenwirken und weiteren Schäden vorbeugen wollen.

Der BDP fordert die Politiker damit auf, ihre Debatte umgehend zu versachlichen. Stigmatisierung und Kriminalisierung von Minderheiten seien schon in Ansätzen unbedingt zu vermeiden. „Außerdem müssen der psychologische und der tatsächliche Problemdruck abgebaut werden“, so Lothar J. Hellfritsch, der BDP-Präsident. Dazu müßten beispielsweise die 2.000 Stellen beim Bundesamt in Zirndorf endlich besetzt und die unerträglich aufgestauten Asylanträge (ca. 400.000) zügig bearbeitet werden. Dies könne zu einer spürbaren Entlastung in den Gemeinden führen, besonders wenn gleichzeitig möglichst viele Liegenschaften (Kasernen) zur Aufnahme der Asylbewerber verfügbar gemacht würden.

Das Bemühen um Verständigung und Kommunikation ist für die Psychologen ein wesentlicher Faktor, um die Bilder von Ausländern in der Öffentlichkeit zu revidieren und dem Ziel einer interkulturellen Gesellschaft näherzukommen. Dies beginne schon in den Kindergärten und Schulen, dürfe aber auch vor Behörden und Politikern nicht halt machen.

Zur Schulung der Erzieher bieten die Psychologen ihr Know-how an. An US-amerikanischen Hochschulen seien zum Beispiel Modelle entwickelt worden, wie bei interkultureller Vermischung gegenseitige Akzeptanz aufgebaut und in die Bevölkerung getragen werden könne. Auch könnten Erzieher und Behördenmitarbeiter in Trainingsprogrammen durchaus lernen, wie man mit Leuten mit starrer Meinung umgehen und sie zu einer offeneren Haltung bewegen kann.

Der BDP empfiehlt dringend langfristige Maßnahmen zur Entfaltung einer Partizipationskultur: Runde Tische, Zukunftswerkstätten, intensivere Programme zur interkulturellen Begegnung. Um bei Konflikten besser einzugreifen, schlagen die Psychologen die Einrichtung von Schlichtungsstellen in den Kommunen vor. ra