■ Bücher.klein
: Die ersten Monate

Zwar ist das Buch erst im August 1992 erschienen, doch die LeserInnen erfahren vor allem etwas über die ersten Kriegsmonate, über den relativ glimpflich verlaufenen Krieg in Slowenien, über den Beginn und den Verlauf der Kämpfe in Kroatien und den Ausbruch der Krieges in Bosnien-Herzegowina. Das Buch ist aber keineswegs ein Kriegstagebuch. Es ist die Darstellung der Ereignisse durch eine Korrespondentin des ZDF, die aus ihrer Arbeit heraus auf angenehm persönliche Weise die Ereignisse beschreibt, ohne sich selbst den Anspruch zu stellen, die „letztendliche Analyse“ abzuliefern. Gerade dieser persönliche Zugang ist es, der besticht und das Buch ehrlich macht. Offensichtlich dient es der Verfasserin Susanne Gelhard als Folie, die eigenen Erfahrungen zu verarbeiten und die LeserInnen daran teilhaben zu lassen.

Wer wie die Verfasserin fast alle im Buch auftauchenden Orte, Personen und Ereignisse fast zur gleichen Zeit kennengelernt hat, teilt auch viele der Schlüsse, die sie zieht. So die Schädlichkeit der projugoslawischen Haltung der Europäer und der USA zu Beginn der Auseinandersetzungen, die in dem Kredit der EG vom Juni 1991 gipfelte. Diese Haltung wurde von der „Jugoslawischen Volksarmee“ als Freibrief für den Angriff auf Slowenien verstanden. Indem Susanne Gelhard die Rolle der Armee in den Mittelpunkt ihres Buches stellt, leistet sie einen wichtigen Beitrag für die Diskussion. Diese dreht sich gerade in Deutschland vielerorts lediglich um eine Standortbestimmung im serbo-kroatischen Konflikt. Daß die „Jugoslawische Volksarmee“ eigentlich hätte zwischen die Kontrahenten treten müssen, wird an der Schilderung der Ereignisse sowohl in der Krajina wie in Slawonien klar. Indem die Armee für ihre eigene Existenz, für „ihren eigenen“ Raum kämpfte, verband sie sich mit den Interessen des expansionistischen serbischen Nationalismus, der die Unabhängigkeitsbestrebungen der anderen Nationen in Ex-Jugoslawien bis heute nicht zu akzeptieren vermag.

Eindringlich sind die Schilderungen ihrer Reporterarbeit in Knin, Vukovar und Dubrovnik. Lebhaft kontrastiert die Ideologie der angreifenden jugo-serbischen Armee mit der Realität. Mit welchen Argumenten die Soldaten zu Zerstörung und Mord ermuntert werden und welche Argumente den Verteidigern bleiben, wird realitätsgerecht beschrieben. Die „mordlüsternen kroatischen Ustaschen“ entpuppen sich jedenfalls vielerorts als angegriffene Verteidiger, als Menschen in den Kellern, als Opfer einer Wahnidee. Nachdem Susanne Gelhard die Mythen zurechtgerückt hat und den Gegenterror der Angegriffenen nicht ausspart, bleibt ihr allerdings ein fürwahr resignativer Schluß: der Krieg wird noch lange dauern. Erich Rathfelder

Susanne Gelhard: Ab heute ist Krieg, Frankfurt 1992, Sachbuch Fischer, 12,90 DM