■ Zum Handelskrieg von EG und USA
: Wenn's ums Essen geht

Die US-Regierung mag keinen französischen Wein, Frankreichs Agrarlobbyisten schießen mit Sojabohnen zurück: Wenn's ums Essen geht, scheint das europäisch-amerikanische Verhältnis regelmäßig zu eskalieren. Ausgerechnet die EG-Regierungen warnen beharrlich vor einem zunehmenden Protektionismus in den USA. Damit werfen sie der US-Seite genau das vor, was sie selbst seit Jahren auf den Weltmärkten betreiben: die exzessive Förderung der heimischen Agrarindustrie durch Exportsubventionen. Daß die amtierende US-Regierung die für sie sanktionsfreie Zeit nach der verlorenen Wahl nutzt, den Superprotektionisten ein Gefühl dafür zu vermitteln, wie es auf der anderen Seite einer Handelsbarrikade aussieht — wer, außer den Winzern, wollte es der US-Handelsbeauftragten Carla Hills verübeln?

Die US-Regierung handelt mit ihrem Warnschuß auch im Interesse der Mehrheit der EG-BürgerInnen, die schließlich ihr Geld im Industrie- und im Dienstleistungssektor verdienen. In Land- und Forstwirtschaft arbeiten in Frankreich lediglich 6,34 Prozent der Erwerbstätigen, in Deutschland 3,5, in den USA 2,96 Prozent. Besonders die deutsche Exportindustrie ist dringend auf weltweit gültige liberale Handelsregeln angewiesen, wie sie nach Abschluß der Gatt-Uruguay-Runde dereinst gelten sollen. Und daß die Gatt-Verhandlungen seit zwei Jahren blockiert sind, liegt vor allem an den Schutzbestimmungen für Europas Agrarindustrielle.

Mit dem erhöhten Druck auf die EG, endlich Kompromißfähigkeit zu zeigen, sind die inzwischen sechsjährigen Gatt-Verhandlungen allerdings noch lange nicht am Punkt der Unterzeichnung angekommen. Durch den neuen Anlauf aus den USA geraten sie aber immerhin aus der Gefahrenzone, womöglich frustriert abgebrochen zu werden. Ein Abbruch der Verhandlungen wäre nicht nur für die europäische Exportindustrie von Nachteil, sondern auch und vor allem für die Entwicklungsländer und den früheren Ostblock: In der Folge würden sich die Handelsblöcke USA, EG und Japan vor allem gegenüber den billiger produzierten Gütern aus ärmeren Ländern vollständig abschotten. Besonders die Agrargüter-exportierenden Länder der Cairns-Gruppe, in der Mehrzahl Entwicklungsländer, hätten darunter zu leiden.

Ein allzu schneller liberaler Welthandelsvertrag wiederum würde ebenfalls manch ein Drittes-Welt-Land hart treffen, das seine im Aufbau befindliche Industrie nicht ungeschützt von Importzöllen der harten Weltmarktkonkurrenz aussetzen kann. Unterm Strich dürfte es für die Entwicklungsländer also am besten sein, wenn die Gatt-Verhandlungen ganz langsam weitergehen. Und das werden sie: Selbst wenn sich die USA und die EG plötzlich einigen sollten, gibt es ja noch japanischen Reis.

Für die USA, egal wer regiert, ist die Gelegenheit für einen begrenzten Handelskrieg jedenfalls enorm günstig. Weil die EG-Regierungen glauben, daß Bill Clinton ab 20.Januar der härtere Verhandlungspartner sein wird, werden sie vermutlich bis dahin mit seinem Vorgänger einen Kompromiß aushandeln und den Handelskrieg beenden wollen. Glück für Clinton: Er wird bei seinen Antrittsbesuchen in Europa dann ganz unbefangen französischen Champagner goutieren können. Donata Riedel