Südseeträume stürzen ein

■ Bereits vor dem Abschluß der Uruguay-Runde des Gatt gerät die junge Industrie im Südpazifik unter Druck / Gatt-Einigung könnte das ökonomische Aus bescheren

Sydney (IPS) – Industrielle Massenproduktion und Fabrikschlote passen nicht gerade zur herkömmlichen Vorstellung vom idyllischen Leben im Südpazifik. Dennoch gibt es sie, seitdem die Region im Zuge ihrer Unabhängigkeit vor zwei, drei Jahrzehnten mit der Industrialisierung begann. Vor allem wurden exportorientierte Industrien aufgebaut, um Devisen für die wachsenden Konsumgüterimporte zu liefern. Nach dem bescheidenen Aufschwung droht nun durch das Gatt-Abkommen der entscheidende Absturz: Bereits jetzt, ohne den noch ausstehenden erfolgreichen Abschluß der Uruguay-Runde des Gatt, geraten die südpazifischen Industrien unter Druck.

Sie überlebten bisher nämlich in erster Linie wegen ihres bevorzugten Zugangs zu anderen Märkten, so etwa dem australischen und neuseeländischen, die ihnen das regionale Abkommen über Handel und wirtschaftliche Zusammenarbeit, Sparteca, zusicherte. Ähnlich bedeutend für die Region sind das internationale Multifaserabkommen (MFA), das den Welthandel mit Textilien regelt, und das Lomé-Abkommen mit der EG, das 68 Entwicklungsländern in Afrika, der Karibik und dem Pazifik (AKP-Staaten) wichtige Handelsbegünstigungen einräumt.

Besonders schwerwiegende Folgen fürchtet nach einer Gatt- Einigung die Zuckerindustrie auf Fidschi, die jährlich 500.000 Tonnen produziert und 1990 Exporteinnahmen von 223 Millionen US- Dollar erzielte. Fidschi hat zwar Verträge mit Singapur, Malaysia und China, entscheidend ist aber der bevorzugte Zugang zum EG- Markt, der rund 40 Prozent der Ausfuhren aufnimmt, und zwar zu EG-internen Preisen, die weit über Weltmarktniveau liegen. Ein Abbau der Agrarsubventionen in der EG, auch Teil des umstrittenen Gatt-Abkommens, wird Zucker ab 1993 billiger machen – um bis zu 20 Prozent, wie Brüssel die AKP-Poduzenten bereits vorwarnte. Ohne die EG-Verkäufe aber könnte Fidschis Zuckerindustrie kaum überleben.

Die Thunfischkonserven der Salomon-Inseln wiederum verkaufen sich in der EG nur deshalb leidlich gut, weil ihre Zollbelastung um 24 Prozent niedriger ist als die von Konkurrenzprodukten aus Nicht- AKP-Staaten. Ohne diesen Vorteil würde die Thunfischindustrie pleite gehen, prophezeien Experten aus der Branche.

Schon jetzt stehen die südpazifischen Inselstaaten unter Druck, weil Australien und Neuseeland im Vorfeld einer Gatt-Einigung begonnen haben, ihre eigenen Handelsbarrieren abzubauen, nicht zuletzt, um die USA und die EG unter Druck zu setzen. Ein niedrigeres Zollniveau an den Außengrenzen der Sparteca-Länder bedeutet mehr Konkurrenz für den Südpazifik, vor allem aus Asien, wo das Lohnniveau im Schnitt weit niedriger liegt. Australien hat außerdem angekündigt, daß die bisherigen Importquoten für Sparteca-Länder im März 1993 auslaufen könnten. Die Folgen sind bereits spürbar: Investitionen in der Region gehen inzwischen zurück.

Genauso wie die Sparteca-Quoten stehen bei der Uruguay-Runde auch die seit 30 Jahren gültigen Regelungen des Multifaserabkommens zur Disposition. Das MFA sicherte bisher relativ teuren Exporteuren wie den Fidschi-Inseln einen Teil der Textil- und Bekleidungsmärkte in den USA und der EG. Stimmen die Gatt-Unterhändler wie vorgesehen einem schrittweisen Auslaufen des MFA bis zum Jahr 2003 zu, käme die billigere Konkurrenz aus Hongkong, Indien oder den Philippinen zum Zug, und die Fidschi-Inseln hätten das Nachsehen. Kalinga Seneviratne