Notfalls zu härteren Mitteln greifen

■ USA haben eine Liste weiterer Strafzölle auf Lager

Washington (taz) – Bei der Wahl der Waffen hat die Handelsbeauftragte der USA, Carla Hills, ein gutes Händchen bewiesen. Im Handelskonflikt mit der EG europäische Weißweine mit Strafzöllen zu belegen trifft vor allem den Hauptkontrahenten Frankreich und eines seiner Prestigeprodukte; den amerikanischen Verbrauer kratzt es vorerst überhaupt nicht. Erstens hält sich der Weinkonsum in der Nation der Cola- und Dosenbiertrinker in Grenzen. Zweitens haben die Händler von New York bis San Francisco in weiser Vorausahnung möglicher Strafzölle ihre Lagerräume bis an die Decke gefüllt. Solange der Vorrat hält, wird die Flasche „Schääbli“ (zu deutsch: Chablis) weiterhin für rund dreizehn Dollar zu haben sein — auch wenn, wie angekündigt, in vier Wochen ein Strafzoll von 200 Prozent verhängt wird.

Bill Clinton sei im Vorfeld der Entscheidung nicht befragt worden, erklärte Hills. Dieses Vorgehen entspricht nicht gerade jener Kooperationsbereitschaft, die George Bush seinem Nachfolger versprochen hatte. Doch falls Clinton sich brüskiert fühlte, ließ er sich nichts anmerken. „Wenn ausländische Märkte sich nicht öffnen“, erklärte sein Sprecher George Stephanopoulos, „dann müssen wir eben zu härteren Mitteln greifen.“ Clinton selbst hatte im Wahlkampf die Bush-Administration kritisiert, im Streit um Agrarsubventionen mit ausländischen Handelspartnern tatenlos herumzusitzen .

Carla Hills drohte am Donnerstag weitere Strafzölle an, falls mit der EG keine Einigung erzielt wird. Betroffen wären Importprodukte im Wert von 1,7 Milliarden Dollar — darunter Schallplatten, Kassetten oder Parfüm. Für die nächste Eskalationsstufe stehen unter anderem Käse, Schnittblumen, Möbel und Baumaterialien auf der Liste.

Der Konflikt reicht zurück bis in die 70er Jahre, als Agrarsubventionen der europäischen Regierungen den US-Produzenten von Sojabohnen Markteinbußen zufügten.

Daß beide Seiten während der „Gnadenfrist“ bis zum 5. Dezember noch eine Einigung erzielen, scheint angesichts der verhärteten Fronten unwahrscheinlich. Es sei denn, die Kontrahenten besinnen sich auf ein seltenes Beispiel der Kompromißbereitschaft aus dem Jahre 1987: damals kündigten die USA Strafzölle in Höhe von 200 Prozent für Käse und Schweinefleisch aus der EG an, nachdem Spanien die Einfuhr von amerikanischem Mais erschwert hatte. Beide Seiten setzten sich an den Verhandlungstisch und schafften die Sache innerhalb weniger Tage aus der Welt. Andrea Böhm