Ein Fußballabend der unerfreulichen Art

■ St. Pauli - HSV: Randale durch HSV-Hools / Schlägereien beim Clubheim und auf dem Kiez / Worthülsen von Bruchhagen

Randale durch HSV-Hools / Schlägereien beim Clubheim und auf dem Kiez / Worthülsen von Bruchhagen

Als Manfred Campe, Geschäftsführer der St.Pauli Marketing GmbH, am Freitag morgen Semmeln holen ging, hat er sich nicht träumen lassen, daß der Tag so enden würde. In einer wieder einmal katastrophalen Vorstellung verlor sein Marketing-Objekt das Lokalderby gegen einen kaum besseren Hamburger Sport Verein mit 1:2. Doch es war nicht das Spiel als solches, das den Bajuwaren im Dienste des Millerntorclubs den Tag vermieste. Nein, gewiß nicht, denn fußballerische Gruselvorstellungen gehören mittlerweile zum festen Programm im Wilhelm-Koch-Stadion. Das Auftreten der HSV-Fans und Tumulte ließen Campe vergessen, daß das Spiel immerhin 60000 Mark in die leere Vereinskasse gebracht hat.

Schon während der Begegnung war es abzusehen, daß es zu Ausschreitungen kommen wird. Immer wieder flogen Feuerwerkskörper in die Polizeihundertschaft vor der mit HSV-Fans gefüllten Südkurve. Beim 2:1 für den HSV (86. Minute, Bester) drohte die Situation schon im Stadion zu eskalieren. Rauchbomben, Leuchtraketen und bengalisches Feuer wurde vom HSV-Mob gezündet, das Spielfeld war kaum mehr zu sehen. Eine Schlägerei auf dem Gitter des Spielereinganges konnte gerade noch durch massiven Ordner-und Polizeieinsatz verhindert werden.

Es war indes nur das Vorspiel. 20 Minuten nach Spielende, so die Taktik der Ordnungskräfte, sollten die HSV-Anhänger aus dem Stadion gelassen werden, um so den St. Pauli-Fans zu ermöglichen, sich rechtzeitig abzusetzen. „Da muß irgendwie etwas schief gelaufen sein“, kommentierte ein Einsatzleiter der Polizei lakonisch das doch offene Tor, durch das die HSV- Ultras zum Clubheim marschierten. Weit weniger gelassen sahen es die

1abziehenden St.Pauli-Fans, denen der „Ultras! Ultras!“ rufende Mob entgegen kam und auf die von den in Edelsneakers („Adidas-Torsion“ aufwärts) und Marken-Sweatshirts („Blue System“) gekleideten Schlägertrupp eingeprügelt wurde. Zwar wurde das Treiben nach ein paar Minuten durch die Polizei beendet, doch konnte sich die Mehrzahl der „Ultras“ auf dem Dom unter das Volk mischen, um später ihr faschi-

1stoides Tun auf dem Kiez fortzusetzen.

Trotz massiven Polizeieinsatzes auf der Reeperbahn und mehrerer Festnahmen konnte die Polizei auch hier weitere Übergriffe auf St.Pauli-Fans und vermeintliche Linke nicht vermeiden. Was mittlerweile ausreicht, um von den vom „Geist von Rostock“ infizierten Hools zusammengetreten zu werden, zeigte sich auf der Reeper-

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7bahn, als ein modisch adrett gekleideter Jüngling auf einen zwanzigjährigen Schüler einprügelte, nur weil der ein Palästinensertuch trug. Gegen 23.30 Uhr beendete der HSV- Bodensatz sein brutales Spiel und es kehrte wieder Ruhe auf der Meile ein.

Für Manfred Campe indes ist die Sache nicht erledigt. „Unter solchen Voraussetzungen muß ich ein Freundschaftsspiel gegen den HSV

1nicht mehr haben“, äußerte er sich entsetzt zu den Geschehnissen. Unterdes: Kein Kommentar vom HSV-Präses Jürgen Hunke zur wenig profitablen Fanproblematik und Manager Heribert Bruchhagen verlor sich lieber in Worthülsen: „Wir müssen erst einmal genau überlegen, was wir zu diesen Dingen sagen. Ich möchte keine übereilten Reaktionen. Wir werden darüber sprechen müssen.“ Kai Rehländer