Doppelspiel im Elbsand

■ Premiere von Georg Philipp Telemanns 'Pimpinone' in der Opera Stabile

in der Opera Stabile

Das Ende ist bitter. In abgewetzten Hosen und mit wollenen Fingerwickeln kauert der einst so stolze, ach so forsche Ehemann in der Ecke und blickt trostlos in die Zukunft: Vespetta, seine ehemalige Wirtschafterin, ist nach nur drei Akten Herrin im Hause und wird es wohl fürderhin bleiben. Aber dann rieselt der Schnee: leise fallen die Flocken im schmalen Fenster und sprechen von Erlösung. Auch für geschundene Gatten.

Mit solcher milden Ironie, die wie ein Gazevorhang das Geschehen dem Publikum sacht entrückt, wurde nun Georg Philipp Telemanns Pimpinone präsentiert. 1725 war das Stück in Form kurzer Pausenfüller einer ernsten Oper am Gänsemarkt uraufgeführt worden. Solche Intermezzi waren in der Regel von bürgerlicher Alltäglichkeit, heiterer und burlesker als die antikisierenden Hauptdramen. Aus ihnen entwickelte sich schließlich das Singspiel, am Ende die Operette.

Und operettenhaft ist die allzu simple Lehre, die Telemann uns mit auf den Weg geben will: traue keinem Weibe! Mit musikalischer Verve hatte der privat betroffene Komponist seine Erkenntnis damals in Musik gesetzt. — Und es begann doch so schön, einst am weißen Elbstrand. Der rote Theatervorhang öffnet sich und wir sehen auf Sand, Wasser, Wolken. Der reiche Pimpinone, eitel und dumm, läßt sich von der gescheiten und geld-

1gierigen Vespetta angeln: Neckisch winkt sie mit dem roten Apfel, er beißt an. Als beide einig von der Bühne gehen, zieht ein Unwetter auf. Ein richtiger Theaterdonner.

Und genau hier liegt die Stärke der Inszenierung. Die Regisseurin Jasmin Solfaghari läßt sich nicht von einer beleidigten Komponistenseele vorgaukeln, was diese für ob-

1jektive Wahrheit hält: daß Erfahrung mit Frauen nämlich klug mache. Daß es donnert und blitzt, daß die Bühne stets ihren Charakter als Bretterbühne hervorkehrt, all das sagt eines: alles nur Theater! Die einfältige Pose des Aufklärers Telemann unterläuft frau geschickt: vorgeführt werden nicht das „böse Weib“ und der „dumme

1Mann“, sondern die allzu einfachen Vorstellungen, die sich auf dem Theater manchmal von ihnen gemacht werden. Fabelhaft setzen beide Sängerdarsteller, Johann Tilli und Mechthild Bach, diesen Doppelsinn in Mimik und Gestik um. Souverän wird durch den Abend musiziert: auch dies mit zwinkerndem Auge. Stefan Rosinski