Schulden machen ist nicht schwer ...

■ Eine Beratungsstelle hilft Wohnungslosen, Straffälligen und Haftentlassenen, mit ihren Geldsorgen fertig zu werden

, Straffälligen und Haftentlassenen, mit ihren Geldsorgen fertig zu werden

Manchmal kommt einer mit Plastiktüten voller Mahnungen und Pfändungsbescheide ins Büro in der Barmbeker Straße: Die Schuldnerberatungsstelle für Wohnungslose, Sträflinge und Haftentlassene ist derzeit für ungefähr 300 Menschen die allerletzte Möglichkeit, in ein Leben ohne Geldsorgen zurückzufinden. Seit einem Jahr arbeiten dort acht Mitarbeiter gegen Rücksichtslosigkeiten der Gläubiger. Gestern wurde die von Sozial- und Justizbehörde gemeinsam ins Leben gerufene, bundesweit einzigartige Beratungsstelle auch offiziell eröffnet.

In seiner Begrüßungsrede bedauerte Sozialsenator Ortwin Runde, daß es noch nicht gelungen sei, Banken dazu zu bewegen, dem „Fonds zur Schuldenregulierung Straffälliger“ beizutreten. Dieser Fonds übernimmt unter bestimmten Voraussetzungen die dringendsten Verbindlichkeiten der Schuldner. Runde: „Leider verdrängen die Banken die zum Teil von ihnen mitverschuldete Misere.“

Überschuldung entsteht besonders in sozialen Spannungsgebieten durch Langzeitarbeitslosigkeit und Suchtverhalten. „Eine kaufmännische Betreuung allein reicht da nicht aus.“ Günther Löhlein, Leiter der Beratungsstelle für Haftentlassene, hebt das „ganzheitliche Hilfsangebot“ hervor. Sozialarbeiter, Finanzexperten und Juristen arbeiten dort zusammen. Bis zum Ende des Jahres soll das Büro auf 13 Mitarbeiter erweitert werden. „Neben der Schuldnerberatung durch die Bezirke ist die fachbehördliche Schuldnerberatung eine sinnvolle Ergänzung“, sagte Löhlein.

Durchschnittlich stehen die privaten Schuldner mit 28000 Mark in der Kreide. Nicht nur bei Banken und Kaufhäusern, sondern auch bei sogenannten Kredithaien. Die Folge: Eine erbarmungslose Jagd der Gläubiger auf jeden erarbeiteten Pfennig. „Davor wollen wir die Menschen bewahren“, sagt Karin Bauer. Die Juristin kennt alle Kniffe, mit denen Geldgeber dazu gebracht werden können, einen Teil der Kredite abzuschreiben. „Bis zu 40 Prozent können wir manchmal aushandeln.“ Soviel, wie auch Unternehmen geschenkt wird, um sie vor dem Konkurs zu retten.

Besonders wichtig ist Karin Bauer, die Schuldner vor den Nebenfolgen der Verschuldung zu bewahren. „Wer Tag für Tag nur Rechnungen im Briefkasten findet,

fühlt sich bald von den Geldsorgen erdrückt.“ Deshalb läuft die Fi-

1nanzkorrespondenz nach Möglichkeit über den Schreibtisch der Beratungsstelle. Und auch die monatlichen Raten werden von dort eingezogen. Mit der praktischen Hilfe gehen Gespräche einher, damit sich die Menschen im Alltag zurechtfinden. Dennoch: „Bis jemand seine Schulden abgetragen hat, vergehen zwischen drei und sieben Jahre.“ Ein Drittel der Schuldner schafft es gar nicht. Torsten Schubert