Kolumbiens Präsident dekretiert Ausnahmezustand

■ 26 Polizisten bei Guerillaüberfall getötet

Bogotá (taz/AFP) – Mit der Ausrufung des Ausnahmezustands hat Kolumbiens Präsident César Gaviria in der Nacht zum Montag alle Hoffnungen auf Frieden in seinem Land besiegelt. Während drei kleinere Guerilla-Organisationen ihre Waffen schon vor zwei Jahren streckten, sind die Friedensgespräche mit der größten und ältesten Guerilla Lateinamerikas, der kommunistischen FARC, und einer weiteren Untergrundformation, der ELN, nun endgültig gescheitert. Im Mai dieses Jahres hatten sich die Verhandlungspartner in Mexiko getrennt mit dem Versprechen, die Gespräche Anfang November wieder aufzunehmen. Doch schon Ende September zog sich der liberale Politiker Horacio Serpa von seinem Amt als Chefunterhändler der Regierung zurück. Mitte Oktober signalisierte dann die Guerilla mit einer landesweiten Offensive, daß sie an weiteren Verhandlungen wenig Interesse hat. In dieser Situation nun gab der Präsident dem Druck aus Kreisen der Militärs und der Oligarchie nach und dekretierte den Ausnahmezustand. Willkommenen Anlaß bot ein Überfall der Guerilla am Wochenende, bei dem im Süden des Landes 26 Polizisten, die eine Erdölförderanlage bewachten, getötet wurden.

Nach dem neuen, vorerst für 90 Tage gültigen, Dekret ist es fortan untersagt, mit der Guerilla Kontakt aufzunehmen. Das Fernsehen darf keine Interviews mit Guerillaführern mehr ausstrahlen. Die Publikation von Aufrufen der Untergrundbewegung wird verboten. Ausländische Unternehmen, die Schutz- oder Lösegelder an die Guerilla bezahlen, sollen keine staatlichen Aufträge mehr erhalten. Doch daß über die Notstandsmaßnahmen die Guerilla militärisch entscheidend geschwächt werden kann, glaubt in Kolumbien kaum jemand – schließlich lebte das Land jahrzehntelang, bis Mitte der 80er Jahre, im Ausnahmezustand. thos