: Über tausend Bewohner aus Sarajevo evakuiert
■ Flüchtlinge sollen nach Split gebracht werden
Genf (taz) – Bereits in den frühen Morgenstunden hatten Tausende von Menschen die Straßen rund um die Marschall- Tito-Kaserne gesäumt. Bei klirrender Kälte warteten sie auf den Konvoi, den das Rote Kreuz für ihre Evakuierung aus Sarajevo organisiert hatte. In vierzehn völlig überfüllten Bussen verließen dann rund 1.100 muslimische und kroatische Flüchtlinge mit mehrstündiger Verspätung am Nachmittag schließlich die umkämpfte Stadt.
Mit dem Beginn dieses Exodus wird das monatelange Tauziehen um die bisher größte Evakuierung seit Beginn der Belagerung der bosnischen Hauptstadt im April vorerst beendet. Erst in der letzten Woche hatte die bosnische Regierung die Abfahrt des Konvois verhindert, da sie befürchtete, daß auch Männer im Alter von 18 bis 60 Jahren die Stadt verlassen könnten, siebzig Namen von „Wehrfähigen“ mußten von den Flüchtlingslisten gestrichen werden. Insgesamt plant das Rote Kreuz die Evakuierung von 6.300 Menschen. 1.800 serbische BewohnerInnen Sarajevos sollen mit Bussen nach Belgrad, Muslimane und Kroaten in die kroatische Hafenstadt Split gebracht werden. Unterdessen haben das Hohe Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen und das Internationale Rote Kreuz erneut dringend an die europäischen Staaten appelliert, so schnell wie möglich ehemalige Gefangene aus Bosnien-Herzegowina aufzunehmen. Bis zu 10.000 Internierte warteten derzeit in den Lagern auf die Ausreise in ein sicheres Land, betonte ein Sprecher der UN-Organisation am Dienstag in Genf. Bisher habe die internationale Gemeinschaft erst 2.620 Plätze sicher zugesagt, darunter 362 in der Bundesrepublik.
Auch das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) betonte, daß die Frage der Unterbringung wegen des Wintereinbruchs immer dringender werde. Für viele der Gefangenen gehe es „um Leben oder Tod“. Seite 2
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen