■ Solidarität mit Honecker
: „Aus den Klauen der Justiz befreien“

Für den 58jährigen Klaus Feske, der seine Erziehung „durch die Partei und den Klassengegner“ erhielt, ist es „eine Pflicht, einem Genossen oder Freund, der in die Hand der Klassenjustiz gerät, weil er unsere Idee vertritt, aus den Klauen der Justiz zu befreien.“ Feske, ehemaliges SEW-Mitglied und seit Oktober 1991 in der PDS, ist Sprecher des „Solidaritätskomitees für Erich Honecker und alle verfolgten Kommunistinnen und Kommunisten in Deutschland“. Er hat eine Besuchserlaubnis und sprach am Dienstag zum dritten Mal mit Honecker in Moabit. Während des vierzigminütigen Treffens übermittelte er ihm viele Grüße von Freunden. Außerdem wird er ihm einen Packen Briefe aus Frankreich auf dem offiziellen Weg zuschicken. Ein Fax vom General der KP der Türkei muß erst noch übersetzt werden. Laut Feske kommt Honecker immer mehr zu der Auffassung, daß „der ganze Prozeß ein Skandal, ein antikommunistischer Rachefeldzug“ ist. „Mit einer bestimmten Genugtuung“ hätte er das Interesse von japanischen, amerikanischen und anderen ausländischen Journalisten zur Kenntnis genommen, die am Dienstag mit Feske sprachen.

Seit gut zwei Wochen aber registriert Feske eine „Zunahme des Interesses“ an der Arbeit des Komitees. Stolz erzählt er von einem Leser des Neuen Deutschlands in Rügen, der über das ND die Adresse des Komitees erfahren und nun aus Solidarität am Prozeß teilnehmen will. Ein Lehrer a.D. aus Westdeutschland bot spontan eine Geldspende für das Komitee an, das sich, so Feske „ausschließlich aus privater Tasche finanziert und über keine Stasi-Fonds oder SED-Hinterlassenschaften verfügt.“

Unterstützung findet Feske auch in der eigenen Familie. Sein 21jähriger Sohn, zuständig für organisatorische Angelegenheiten, überbringt gelegentlich dem Untersuchungshäftling Honecker Briefe oder auch schon mal eine Schreibmaschine. Persönlich hält er nichts von dem Prozeß und fragt sich, „nach welchen Gesetzen die Verurteilung erfolgen soll“. Als Student der Rechtswissenschaft sind für ihn „angesichts Honeckers Alter gewisse Maßstäbe mit den Praktiken der Familienzusammenführung in der ehemaligen DDR“ gesetzt. Fazit: „Er hat ein Recht auf die Ausreise nach Chile.“

Vater Feske, der als Kraftfahrer bei der Bahn beschäftigt ist, hat aufgrund seiner Arbeit im Solidaritätskomitee Angst vor Berufsverbot. Trotzdem wird er heute im Landgericht sein. Nach Prozeßbeginn will er Richter Bräutigam vorschlagen, den Prozeß in die Kongreßhalle zu verlegen, um genügend Raum für all die interessierten Prozeßbeobachter, Fernsehstationen und Zuschauer zu haben. Barbara Bollwahn