Ein Soldat will sich nützlich machen

■ Senator Zumkley will BeamtInnen den Marsch blasen / Aber sein "Leitfaden" sorgt für Heiterkeit in den Amtsstuben

will BeamtInnen den Marsch blasen / Aber sein »Leitfaden« sorgt für Heiterkeit in den Amtsstuben

„Soldat, Soldat, ich kenne nicht, Soldat, Soldat, dein Angesicht, Soldaten sehn sich alle gleich, lebendig und als Leich!“ Wirklich, lieber Wolf Biermann? Ist da nicht die große Vereinfachung mal wieder mit Dir durchgegangen? Auch Peter Zumkley ist Soldat — darf man also auch über den wackeren Hamburger so gleichmacherisch urteilen?

Nun ist nicht von der Hand zu weisen, daß der Offizier Zumkley, SPD-Mann aus Wandsbek, Bonn- Bevollmächtigter Hamburgs und als Senator Chef des stadtstaatlichen Personals (derzeit gar im Gespräch als kommender Innensenator), tatsächlich etwas Gesichtsloses an sich hat. Auch politische Beobachter der Hamburger und Bonner Szene gucken meist ins Leere, wenn sie ergründen wollen, was der gute Zumkley denn eigentlich den ganzen Tag tut. Unauffällig bleiben, Reden halten, Löcher in die Luft stechen, Fehler vermeiden. Gesichtslosigkeit als politisches Überlebensprinzip?

Ab und an gibt Zumkley Laut. Seine jüngste Absonderung ist 49 Seiten schlank, trägt die vielversprechende Überschrift „Leitfaden für Erfolgskontrollen“ und zielt, man mag's kaum glauben, auf die Ursachen der Politikverdrossenheit. Zumkley im Geleitwort: „Wir wollen eine moderne und leistungsorientierte hamburgische Verwaltung, die der Bevölkerung ein bedarfsgerechtes Leistungsangebot effizient bereitstellt.“ Der Leitfaden, den der mutige Soldat in die Unterstände der hunderttausendköpfigen Hamburger Verwaltung entsendet, ist, so verspricht Zumkley, „ein notwendiges und wirksames Instrument dazu“. Wozu? Na eben dazu, daß der Staat den Bürger prima, plötzlich und preiswert bedient.

Schlaumeier und Staatsverächter könnten daraus den raffinierten Umkehrschluß ziehen, mit prima, plötzlich und preiswert sei es derzeit nicht weit her. Zumkley nebelt sich darüber aus, läßt aber immerhin durchblicken, daß Dinge wie „Erfolgskontrolle“, „Evaluierung“, ja selbst „Planung“ und „Zielvereinbarung“ an der Staatsdienerfront weitgehend unbekannt sind. Sollten die Untergebenen nun befürchten, Zumkley wolle seine Truppen ernsthaft auf Dienst am Bürger trimmen — sie können beruhigt sein: Die Broschüre ist aus zweitklassigen betriebswirtschaftlichen Leitfäden zusammengeschustert, in krausem Behördendeutsch abgefaßt, fern jeder modernen Konzeption von staatlicher Dienstleistung und schon deshalb ohne jede Gefahr für den Behördenalltag.

Kostprobe gefällig? „Die Wirtschaftlichkeit nach innen gerichte-

1ter Maßnahmen ist grundsätzlich mit Hilfe finanzmathematischer Verfahren der Investitionsrechnung (Kapialwertmethode, Annuitätenmethode und Methode des internen Zinsfußes) zu beurteilen.“ Oder: „Die Ergebnisse der Erfolgskontrollen sind zu dokumentieren und zu den jeweiligen Akten zu geben. Dies stellt sicher, daß die Erfolgskontrollen nachvollziehbar sind und daß zur Unterstützung bei der Ergebnisbeurteilung auf die Resultate der Vorjahre zurückgegriffen werden kann.“ In der Tat. Das mußte einmal gesagt werden.

Und damit dieser polemische Artikel nicht ohne Pointe ausklingt, wollen wir den Kommentar eines führenden Behördenspezialisten zum Zumkleyschen Leitfaden- Anschlag präsentieren (leider anonym, wie in Hamburg üblich): „Zum Glück hat Peter nicht die Grundsätze der Inneren Führung (die Grundsätze des anmodernisierten Bundeswehr-Managements) als Leitfaden verteilt. Mein Gott, dann hätte sich vielleicht bei uns wirklich etwas ändern müssen.“ Florian Marten