: Der bleibende Glanz
■ Dessau: Bauhaus hilft Vidal Sassoon, Sassoon dem Bauhaus
Flüchtig wie der Schaum des Shampoos war die Ausstellung „50 Jahre Vidal Sassoon“ am Dessauer Bauhaus. Fünf Tage lang gab sie Einblicke in das Werk des berühmten Friseur-Meisters und Aufschluß über seine überraschende Verbindung zum Bauhaus.
Draußen biß die Dessauer Luft in die Nase, drinnen blendeten lichtgleißende Stellwände die Augen. Vielfüßig und teilweise vergoldet wirkten sie wie Objekte von einem anderen Stern. Und was man auf den Bildtafeln sehen konnte, hatte auch nichts vom improvisierten Charme der neuen Bundesländer. Die Fotografien zeigen den Meister bei der haarigen Arbeit an den Schönen und Reichen aus Film, Mode und Jet- set: Mary Quant bekam die passende Frisur zum Minirock, Mia Farrow führte ihren neuen Schnitt in „Rosemaries Baby“ vor, und Peter O'Toole ließ sich für seine Rolle als Lawrence von Arabien von Sassoon die Haare färben.
Am Freitag erschien Vidal Sassoon höchstpersönlich. Bereitwillig berichtete der in die Jahre gekommene Herr von zwei Schlüsselerlebnissen. 1961 kam er aus London nach New York und war tief beeindruckt von Mies van der Rohes Seagram Building, von dessen Struktur und erstaunlicher Leichtigkeit. Ein paar Jahre später lernte er Marcel Breuer kennen. Von da an nahm seine Karriere, die sich als klassische Erfolgsstory lesen läßt, ihren Lauf. Mit seinen geometrischen Schnitten wie den „Five Points“ oder dem „Graduated Bob“, die sich an den Knochenstrukturen des Kopfes orientieren, kreierte er Klassiker. Seine Schöpfungen behielten ihre Form ohne Zuckerwasser, Schuhcreme oder Möbelpolitur – Hilfsmittel, mit denen die Frauen zuvor ihre Frisuren über den Tag zu retten versuchten. Insofern sieht sich der Meister auch als Befreier der Damenwelt, die die gewonnene Zeit ihrer Karriere widmen kann.
Doch Sassoon ist nicht nur der schillernde Guru der angewandten Frisierkunst. Er möchte nur „Lehrer“ sein und gibt sein Wissen weiter. Und so mehrte sich nicht nur sein Ruhm, sondern auch sein Kundenstamm. Sassoon und Co. bedienen mit 21 Salons in 6 Ländern jährlich eine halbe Million KundInnen.
Und was hat das mit dem Bauhaus zu tun? Nach Werner Möller, verantwortlich für die Sammlung sowie die Öffentlichkeitsarbeit am Bauhaus, zeigt die Ausstellung ein Stück Alltagskultur der Moderne. Und so flüchtig die Ausstellung war – sie wird bleibende Spuren hinterlassen. Denn Herr Sassoon fand die Aula des Bauhauses in einem erbarmungswürdigen Zustand und finanzierte eine neue Bestuhlung. Das Linoleum, das bei dieser Gelegenheit erneuert werden mußte, kam als Spende von den Deutschen Linoleumwerken, und auch der Estrich wurde gespendet. Dank soviel uneigennütziger Investition zeigt sich die Aula in ihrer ursprünglichen Gestalt zur allgemeinen Zufriedenheit.
Die Damen im Osten dagegen müssen auf den Genuß dieser Form von Alltagskultur noch warten. Der nächste Sassoon-Salon ist in Frankfurt. Am Main. Gisela Hüber
Vidal Sassoon und das Bauhaus (Katalog) in Dessau: 48DM, im Buchhandel: 78DM
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