Schnödes Märchen

■ Die Irre von Chaillot / Schwarzweißmalerei im Theatron

/Schwarzweißmalerei im Theatron

„Die Presse muß sich nicht mit Tatsachen abgeben“, sagt ein Journalist in Giraudoux' Die Irre von Chaillot, das im Theatron Premiere hatte. Tatsache ist aber, daß das 1945 uraufgeführte Stück im Laufe der Zeit an Aktualität verlor. Der verzweifelte Kampf der einfachen Leute gegen eine Welt, in der Skrupellosigkeit und Ausbeutung regieren, hat sicher einen Bezug zur Realität, doch das unrealisti-

1sche Happy End ist kaum tröstlich.

Anführerin der armen Leute ist die Irre, die unter Lumpensammlern, Bettlern und Straßensängern Hof hält. Sie verkörpert den lebenden Widerspruch gegen die unmenschliche, geldgierige Gesellschaft. Raffiniert bringt sie eine Bande krimineller Geschäftsleute, die das Viertel zerstören wollen, zur Strecke. Die Herren werden um die Ecke gebracht, mit einem

1Schlag sind alle Probleme gelöst.

Am Ende gewinnen natürlich die Guten und alle sind glücklich und zufrieden. Ein schönes Märchen, zu schön, um wahr zu sein. Das gelungene Bühnenbild erleichtert dem Zuschauer die Spekulation über den Ausgang der Geschichte. Es gibt nur Gute und Böse. Die Darstellung ist eine undifferenzierte Schwarz-Weiß-Malerei. Leider bleiben die Charaktere Giraudoux' eindimensional durch die Unfähigkeit der Darsteller, ihnen Leben einzuhauchen. Die Regie verdammt die Schauspieler zur Statik und kommt über das Niveau des Amateurtheaters nicht hinaus. Das Ergebnis sind nie enden wollende zweieinhalb Stunden Langeweile. Nina Schönweiß

bis 15.11., 17.bis22.11., 20 Uhr