Columbus-Day in Quito

■ Wie sich die 500 Jahrfeier in den Anden auf Touristen auswirkte

Kolumbus-Tag — „Dia de la raza“, steht im Ecuador-Führer unter dem Stichwort Nationalfeiertage. Und weiter ganz lapidar: „Gefeiert wird die Ankunft der Europäer in Amerika.“ Daß dies in Quito, mitten in den Anden, anders ausfällt als in New York oder Barcelona an diesem, dem 500. Columbus-Day, hätte man sich eigentlich denken können.

In urlaubsbedingter Vorfreude waren Ausflüge geplant, meistens auch bereits gebucht worden: Zum Äquator-Denkmal auf dem 0. Breitengrad, das als „medio del mundo“ — Mitte der Welt immer angepriesen wird. Oder in die Sierra um Quito mit ihren bezaubernden Tälern und warmen Quellen. Doch viel mehr noch nach Otavalo, die Stadt der Weber mit ihrem obligatorischen Samstagsmarkt. Dort ist das Zentrum der Artesanias, des farbenprächtigen, vor allem textilen Kunsthandwerks, mit dem sich die Indigenas schnell die Sympathie der Fremden erobern.

Doch rund um den 12. Oktober war diesmal alles anders. Eine knappe Woche ging gar nichts in Quito, der Stadt, die oft als schönste Großstadt der Welt gepriesen wird. Der Columbus-Day hatte Quito weitgehend lahmgelegt. 70.000 Indigenas, wie die indianischen (Ur-)Einwohner in Ecuador genannt werden, hatten ihre Dörfer verlassen und sich auf den Weg gemacht, um in der Hauptstadt gegen die 500 Jahrfeier der „Entdeckung“ Amerikas zu protestieren.

Das Jubiläum hatte ihnen auch in diesem kleinen Andenstaat den Motivationsschub gegeben, ihre von Armut und Diskriminierung geprägte soziale Lage lauthals zu artikulieren. Eine politische Bewegung wurde sichtbar. Im Süden hatte es in der Woche vor den Feierlichkeiten mit Landbesitzern derart heftige Kämpfe mit Toten und Verletzten gegeben, daß die Regierung mit massivem Polizei- und Militäreinsatz die Stadt nach innen wie außen abriegelte und die Demonstrationszüge stoppte.

Doch die Indigenas hatten die Zufahrtstraßen zur Stadt und den Panamerican-Highway in vielen Provinzen bereits blockiert: mit Baumstämmen, riesigen Felsbrocken, lasterweise auf der Fahrbahn verteilten Steinen.

Fünf Tage lang fuhren keine Züge, keine Busse, zum Teil nicht mal innerstädtisch. Sämtliche nationalen Flüge waren aus Sicherheitsgründen gecancelt, Reservierungen eine Woche lang gar nicht mehr entgegengenommen worden. Doch selbst an Informationen kamen Touristen, die deshalb in Quito oder irgendwo in den Andendörfern festsaßen, nicht heran: Touristeninformation und Reisebüros blieben aus Sicherheitsgründen während dieser Tage landesweit geschlossen.

In Quito hatten auch die Museen während der vier „Feiertage“ geschlossen, die über 70 Kirchen nur während der Messen geöffnet. Selbst die historische Altstadt, sonst ein idyllisches Straßengewirr mit Märkten und vollgestopften Gemischt- und Kolonialwarenläden, war Tabu an diesen Tagen: „Zu gefährlich“, hielten Einheimische die Touristen von den Straßen Richtung Regierungspalast und Kathedrale zurück.

Die meisten hielten sich dran und pendelten frustriert zwischen den Cafes und Bars der Neustadt hin und her. Nur wenige trauten sich an den — überaus freundlichen — Militärs vorbei in die Altstadt. Mit Maskeraden zogen die Indigenas, die es trotz Militärsperre geschafft hatten, in die Stadt. In den Parks, wo die Conquistadores einst ihre Kühe weideten, hatte die Regierung ihnen Zelte aufgestellt. Und während Präsident Sixto mit den Indigenas über deren Anerkennung und Rechte verhandelte, führten einige vor der Casa de la Cultura Folkloretänze auf.

Birgitt Rambalski