■ Friedensnobelpreis für Boris Becker
: Advantage Deutschland

Da schäumt sie, die SPD, weil es ihr Job ist, zu schäumen gegen die Regierung. Doch der Vorstoß von Friedhelm Julius Beuchler, Mitglied des Sportausschusses des Bundestags, ist ein klarer Fall falsch verstandener Opposition. Aus purer Lust an der Negation geißelte der Politiker den Bundesinnenminister und Hobby-Sportphilosophen Wolfgang Schäuble wegen dessen Äußerung: „Boris Becker hat mit seinem Turniersieg in Paris mehr für Deutschland getan als die Großdemonstration am gleichen Tag in Berlin“. Dabei steht doch völlig außer Frage: Schäuble hat recht. 700.000 Füße haben sich umsonst gegen Ausländerfeindlichkeit und für das Asylrecht wundgelaufen in der Hauptstadt. Bedeutung hatten einzig die blutenden Zehen des Boris Becker.

Zugegeben — ein kleiner weltpolitischer Fauxpas war es schon, daß Kosmopolitiker Becker ausgerechnet in Paris den Franzosen Guy Forget besiegte. Ein empfindlicher Rückschlag für das deutsch-französische Verhältnis. Doch über solche Lappalien muß sich der Diplomat im Trainingsanzug hinwegsetzen, geht es doch um die Rettung Deutschlands. Der Weg? Serve and Volley. Lächerlich, wie sich die Berliner Olympiateilnehmer von Barcelona, aufgewiegelt vom Deutschen Sportbund, durchs Demogewühl schoben. Bemitleidenswert, wie amotorische Autonome Eier und Möhren vorwiegend ins Seitenaus schurgelten und nicht mal einen simplen Lob über die Polizeischilde zustandebrachten.

Boris indes trifft. Und seine Mittel sind über jeden Zweifel erhaben. In Zeiten, wo die Republik nicht etwa durch rechte Totschläger, sondern durch linke Eier existentiell bedroht ist, wirkt das Tennisracket vertrauensbildend. Kein Mensch kommt auf die Idee, den angriffslustigen Becker als einen wildgewordenen Tennisterroristen zu bezeichnen, wenn er mit brutaler Härte vor den Augen der Welt das 26. As plaziert — und gewinnt, zur Rehabilitation Deutschlands.

Doch was, wenn Boris verliert? Kein As fürs Asyl, kein Volley für die Konjunktur, kein Break für die Gewerkschaften? Wir alle müssen zittern, wenn unser Demo-Delegierter nächste Woche in nationaler Mission in Frankfurt auftritt. Gegen die acht besten Tennisspieler der Welt soll er beim ATP-Finale die Ehre des beschmuddelten Landes wiederherstellen. Rechnen wir mal hoch — der Turniersieg in Paris kommt einer politischen Demonstration von 350.000 Menschen gleich, Wimbledon gleich Bundesverdienstkreuz, ein Grand Slam läßt hundert brennende Ausländerheime vergessen. Macht alles in allem den Friedensnobelpreis für den Sieg in Frankfurt. Das wär's doch: Wir alle brav zuhause, gemütlich im Sessel, das Gemüse bleibt im Kühlschrank und Boris siegt — für uns. Michaela Schießl