Bonner Koalition produziert Arbeitslose

Bundestag verabschiedet AFG-Novelle/ Nur ein Bruchteil der Kürzungen werden zurückgenommen/ Programm zur Umweltsanierung Ost wird auf den sozialen Bereich ausgedehnt  ■ Von Dorothee Winden

Bonn/Berlin (dpa/taz) – Der Bundestag hat gestern den am Abend zuvor im Vermittlungsausschuß gefundenen Einigungsvorschlag zur Novelle des Arbeitsförderungsgesetzes gebilligt. Der mit den Stimmen der Koalitionsfraktion angenommene Beschluß macht nur einen Bruchteil der Kürzungen im Budget der Bundesanstalt für Arbeit rückgängig: Das Sparpaket von insgesamt sieben Milliarden Mark wird um ganze 90 Millionen Mark reduziert.

Die SPD-Opposition zeigte sich enttäuscht. Der SPD-Sozialexperte Rudolf Dreßler erwartet infolge der Kürzungen zusätzliche 150.000 Arbeitslose. Enttäuscht war auch die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ursula Engelen-Kefer. Die erzielten leichten Verbesserungen für AB-Maßnahmen in Ostdeutschland seien bei weitem nicht ausreichend. Vor allem wegen der verschlechterten Finanzbedingungen würden viele Träger von ABM das Angebot nicht in Anspruch nehmen können, wenn nicht ergänzende Mittel von Bund oder Ländern dazukämen. Engelen-Kefer bezeichnete vor allem die Streichungen bei Maßnahmen für schwervermittelbare Arbeitslose, insbesondere Jugendliche in Ost und West als „nicht verantwortbar“.

Die CDU-regierten Ostländer hatten zusammen mit den SPD- Ländern im Bundesrat gegen die Novelle gestimmt, trugen aber die Einigung im Vermittlungsausschuß mit, nachdem Verbesserungen für die Ostländer erzielt wurden. „Sie haben die gemeinsame Position der Schweriner Erklärung für so gut wie nichts verlassen“, bedauerte die Brandenburger Arbeitsministerin Hildebrandt.

Ein Erfolg ist jedoch die Ausdehnung der neuen AB-Maßnahme zur Umweltsanierung in Ostdeutschland auf Soziale Dienste und die Jugendhilfe. Dabei werden vor allem Frauen zum Zuge kommen. Allerdings konnten die Ostländer die gewünschte Aufstockung der Lohn- und Sachkosten nicht durchsetzen.

MitarbeiterInnen von Beschäftigungsgesellschaften können künftig auch dann zu 100 Prozent gefördert werden, wenn sie nicht zu den Problemgruppen des Arbeitsmarktes gehören. Es bleibt aber dabei, daß ein ABM-Lohnzuschuß von über 75 Prozent nur noch gewährt wird, wenn die Arbeitszeit des Beschäftigten auf 80 Prozent reduziert wird.

Abgeschmettert wurde die vom Bundesrat geforderte Zurücknahme der Kürzungen bei Eingliederungsmaßnahmen für Aussiedler. Das Nachholen des Hauptschulabschlusses wird nicht mehr gefördert. Auch das Altersübergangsgeld wird nicht verlängert. Da der Bundesrat dem Gesetz nicht zustimmen muß, könnte es dort nur mit einer Zweidrittelmehrheit gestoppt werden. Mit den dafür benötigten Stimmen der CDU-Ostländer ist aber kaum zu rechnen.