Letzte Chance für einen Politikstudenten

■ Kurz vor dem Examen: Hamburgs Ausländerbehörde will Ghanaer ausweisen / Petitionsausschuß hat das letzte Wort

/ Petitionsausschuß hat das letzte Wort

Jeden Montag könnte es soweit sein: Der Petitionsausschuß der Hamburgischen Bürgerschaft nimmt den Fall Seth Quartey auf die Tagesordnung — zum zweiten und damit letzten Mal. Der junge Mann aus Ghana möchte sein Politikstudium beenden. Die Ausländerbehörde möchte ihn abschieben. Der Petitionsausschuß ist Quarteys letzte Chance. Sagen die Abgeordneten „Njet“, muß er gehen, sich ein Flugticket nach Accra kaufen, ohne Abschluß in der Tasche.

Obwohl sein Fall noch nicht entschieden ist, wurde Seth Quartey für dieses Wintersemester schon mal der Studentenausweis entzogen. Er kann sich keine Bücher ausleihen, ist weder eingeschrieben noch exmatrikuliert. Der HVV hat schon nachgefragt, will den kleinen grauen Studierbeleg sehen, andernfalls wird das Jahresabonnement gekündigt. „Es kommt jetzt richtig dicke“, sagt Seth. Auf die Uni könne er sich kaum noch konzentrieren.

Sein Studium hat er in den ersten sechs Semestern stringent durchgezogen: Die beiden Nebenfächer, Afrikanistik und Soziologie, sind bereits abgeschlossen. In zwei Semestern, spätestens aber in anderthalb Jahren, könnte der Politikstudent sein Examen in der Tasche haben. Wäre da nicht die Hamburger Ausländerbehörde und der Paragraph 28 des erst 1991 novellierten Ausländergesetzes. Im November 1990, Seth Quartey studierte bereits im zweiten Semester, lud man ihn ins Bieberhaus vor. Da er bereits zuvor die HWP besucht habe, könne man ihm den weiteren Aufenthalt nicht gestatten. Eine Ausbildung, so die Argumentation der Behörde, müsse für den Afrikaner langen.

Eben hier liegt der Knackpunkt. Quartey möchte so bald wie möglich in seine Heimat zurück und im Auswärtigen Dienst der Ghanaischen Regierung arbeiten. Ein Universitätsabschluß und seine guten Deutschkenntnisse räumen ihm dafür durchaus Chancen ein. Doch die HWP, so Quartey-Anwalt Björn Stehn, gilt im Ausland eher als College. Wenn Quartey sich mit diesem Abschluß bewirbt, könnte ihm in seiner Heimat Amtstäuschung vorgeworfen werden.

Die Klarsichthülle, in der Quartey alle seinen Fall betreffenden Papiere gesammelt hat, ist mittlerweile drei Zentimeter dick. Das Verfahren vorm Oberverwaltungsgericht hat er verloren, da halfen auch nicht die Gutachten der Politik-Professoren Gantzel und Tetzlaf, die ihm bescheinigen, ein sehr guter Student zu sein. Auch Uni- Präsident Jürgen Lüthje hat sich persönlich für den seit 13 Jahren in Deutschland lebenden Ghanaen eingesetzt. Seit neuestem kommen noch zwei Kopien dazu. Ein Schreiben der Ghanaischen Botschaft, das bestätigt, daß ein Abschluß an einer international anerkannten Uni Voraussetzung für die Einstellung in den diplomatischen Dienst ist. Und eine knappe Stellungnahme des Auswärtigen Amtes in Bonn: es sei Quartey zu unterstellen, daß er so bald wie möglich nach Ghana zurückkehren will, um sich zu bewerben. Ein Universitätsabschluß würde ihm dafür günstigere Chancen einräumen.

Was jetzt noch fehlt, bevor die Abgeordneten im Petitionsausschuß entscheiden, ist eine Stellungnahme der Ausländerbehörde zu diesen Stellungnahmen. An dem Papier, so war von dort zu erfahren, wird gearbeitet. Doch in der Amsinckstraße ist man vor allem daran interessiert, keinen Präzedenzfall zu schaffen. Quartey hatte das HWP-Studiums benutzt, um die Hochschulreife zu erlangen. Nach dem neuen Ausländergesetz ist das nicht mehr erlaubt. Wer die „personelle Entwicklungshilfe“ in Form eines Studiums in Anspruch nehmen will, so die Ausländerbehörde, muß das Abitur bereits im Heimatland gemacht haben. Kaija Kutter