Breiter Konsens zum Gleisdreieck ist nötig

■ Kreuzbergs Bürgermeister Strieder (SPD) über die Planung von Beton- und Grünflächen

taz: Heute wollte das Bezirksamt Kreuzberg die sogenannte Grundkonzeption für den Bebauungsplan am Gleisdreieck beschließen. Im wesentlichen sollte dadurch die Grünfläche erhalten bleiben. Diese Grundkonzeption wird nun nicht verabschiedet werden. Warum nicht?

Peter Strieder: Würde Kreuzberg versuchen, seine Interessen alleine durchzusetzen, hätte es keine Chance. Wir brauchen einen Konsens mit Senat, Reichsbahn und den angrenzenden Bezirken Schöneberg und Tiergarten. Deshalb werden nächste Woche die genannten Beteiligten sich gemeinsam über die Planungen für den Potsdamer Platz ab dem Jahr 2000 beraten. In einer weiteren Sitzung wird es darum gehen, was mit dem Gleisdreieck bis zum Jahr 2000 passieren soll. Möglicherweise einigen wir uns alle gemeinsam darauf, daß dort die 1.500 Parkplätze für Daimler-Benz hinkommen – oder auf das Gegenteil.

Ihre Baustadträtin Erika Romberg ist überzeugt, daß Kreuzberg in der Auseinandersetzung gute Karten hat. Die Bauverwaltung müsse dem Bebauungsplan zwar zustimmen, das Vorschlagsrecht habe aber der Bezirk.

Kreuzberg kann das Gelände nur dann nach seinen Vorstellungen gestalten, wenn der Eigentümer – die Reichsbahn – dem zustimmt. Das wird die Bahn aber nur machen, wenn sie etwas dafür bekommt. Zum Beispiel die Erlaubnis, Büros zu bauen. Und leider handelt es sich bei den Interessen Dritter nicht nur um die 1.500 Parkplätze von Daimler. Es geht auch noch um 650 weitere für Sony und jene, die nötig werden, wenn die Reichsbahndirektion am Schöneberger Ufer die bisherige Poliklinik zur Direktion umbaut. Natürlich ist es absurd, in einem Bereich Parkplätze zu bauen, in dem sich der Verkehr schon heute staut. Deshalb wehren wir uns als Bezirk gegen diese Pläne. Aber zu versprechen, wir werden die Parkflächen verhindern und gleichzeitig alle Kreuzberger Ansprüche durchsetzen, ist verlogen.

Genügt es denn nicht, wenn sich die Reichsbahn und der Bezirk Kreuzberg einig sind?

Reichsbahn und Bezirk werden keine Lösung finden, weil die Bahn nicht nur am Gleisdreieck mit dem Senat im Gespräch ist. Wenn die Reichsbahn das Parkhaus baut, wird der Senat sicher an anderen Stellen in der Stadt ihren Wünschen entgegenkommen.

Haben Sie das Gleisdreieck als Grünfläche aufgegeben?

Mehrere U-Bahn- und S-Bahn- Linien sowie zwei Regionalbahnlinien sind geplant, Höhenunterschiede von 18 Metern müssen bewältigt, riesige Böschungen aufgeschüttet werden. Dann ist die Dimension Potsdamer Platz und Spreebogen so gigantisch, daß es dafür keinen Vergleich gibt. Täglich müssen 35 Güterzüge oder 5.000 Lastwagen Baumaterial anschleppen und Erdaushub abtransportieren. Stellen Sie sich den Aufwand vor, den Platz, der gebraucht wird, und die Lagerkapazitäten, die notwendig sind. Und dann ist dieses Gebiet planungsrechtlich für Be- und Entladung bereits zugelassen. Wir würden das alles wenigstens nach Westen schieben wollen, damit man wenigstens den Bereich an der Möckernstraße als Park belassen kann. Den Park insgesamt – ursprünglich als Grünverbindung von Kreuzberg nach Schöneberg geplant – wird es nicht geben. Das Gespräch führte Dirk Wildt