DDR-Erdgasleitung zweimal bezahlt

■ Pipeline kostete die Gasag 230 Millionen Mark/ Aber Geld kam beim Bauherrn nie an/ Leitung gehört nun ehemaligem VEB

Berlin/Sachsen. Die 235 Kilometer lange Gaspipeline, über die Berlin seit 1985 mit russischem Erdgas versorgt wird, ist zweimal bezahlt worden. Die Westberliner Gaswerke (Gasag) finanzierten den Bau damals mit einer Summe von 228 Millionen D-Mark. Doch das Geld ging auf den verschlungenen Wegen in der DDR „verloren“ und kam beim Bauherrn, dem damaligen VEB Verbundnetzgas, nie an. Der Volkseigene Betrieb mußte die Verlegung der Stahlrohre von der tschechischen Grenze bis nach Berlin-Buckow aus eigener Tasche bezahlen.

Das Nachfolgeunternehmen des VEB, die heutige Verbundnetz AG (VNG), besteht denn auch darauf, daß die Stichleitung ihr Eigentum ist. Für die Finanzierung der Gasleitung habe sich der Betrieb damals beim Minister für Kohle und Energie gar die Zustimmung einholen müssen, sagte Unternehmenssprecher Walter Altmann der taz auf Anfrage: „Wir waren Investitionsträger.“ Heute stehe „völlig außer Zweifel“, daß die Leitung der sächsischen Aktiengesellschaft gehört, an der mit 35 Prozent der Essener Konzern Ruhrgas AG und mit jeweils 15 Prozent die Wintershall und eine Holding Ostdeutscher Städte beteiligt sind.

Tatsache ist aber ebenfalls, daß die DDR damals darauf bestand, daß Berlin den Bau der Erdgasleitung selbst bezahlt. Nach langwierigen Auseinandersetzungen zwischen Senat, DDR und Bundesregierung beschloß das Berliner Abgeordnetenhaus im November 1983, dem Eigenbetrieb Gasag eine Kreditaufnahme von 228 Millionen Mark zu ermöglichen, „um die künftige Transit-Stichleitung für sowjetisches Erdgas finanzieren zu können“. Die Gasag zahlte den genannten Betrag an die Ruhrgas AG, die als Vertragspartner des DDR-Kombinats Verbundnetze Energie (KVE) das Geld wie vereinbart auf ein Konto der DDR-Außenhandelsbank überwies.

Überraschenderweise zeigt die Gasag aber kein Interesse daran, die Eigentumsfrage zu klären. „Diese Frage steht nicht zur Debatte“, sagt Gasag-Sprecher Dieter Ludwig. Der Eigenbetrieb habe bis über das Jahr 2000 die Durchleitungsrechte. Für die das Unternehmen allerdings kräftig zahlen muß – 1983 waren mit der DDR für die Benutzung der Leitung pro Jahr neun Millionen D-Mark ausgehandelt worden. Die jährlich gelieferten 650 Millionen Kubikmeter Gas muß Berlin selbstverständlich extra bezahlen. Informationen der taz, daß es zwischen den Beteiligten einen Streit um die Leitung gebe und zu dieser Frage ein Rechtsgutachten erarbeitet worden sein soll, bestritten Ludwig wie auch die Ruhrgas und die VNG. Dirk Wildt