■ Das Portrait: Arthur Dunkel
Foto-Nr. 2
Foto: Reuter
In diesen Tagen hat der 60jährige Arthur Dunkel wieder ausgiebig Gelegenheit zu einem seiner Lieblingsspiele. „Sind sie nicht der Gatt-Generaldirektor?“ sprechen ihn, seit seinem Amtsantritt 1980, bei Ankunft oder Abflug am Brüsseler Flughafen häufig Zollbeamte oder Journalisten an. Und der gar nicht eitle Dunkel macht sich ein Vergnügen daraus zu verneinen.
Was den Schweizer Karrierediplomaten, der Wirtschaftswissenschaften studierte und fünf Sprachen spricht, in dem undankbaren Job als oberster Hüter des „Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens“ hält, fragen sich immer mehr Genfer BeobachterInnen. In seinen früheren Funktionen – ab 1956 im Berner Außenministerium und dann als Vertreter der eidgenössischen Regierung bei Verhandlungsrunden des Gatt oder der UNCTAD – hatte Dunkel weit mehr Gestaltungsmöglichkeiten. Als Gatt-Generaldirektor ist er nicht gerade reichlich mit Kompetenzen ausgestattet. Dunkel kann immer nur „auf die Gefahren eines drohenden Handelskrieges hinweisen“ und die „Dringlichkeit einer schnellen Einigung“ im Streit über Agrarsubventionen betonen.
Bei all seinen Warnungen und Appellen muß er immer penibel den Verdacht vermeiden, er habe eine eigene Meinung und unterstütze die eine oder die andere Seite. Deshalb wehrte sich Dunkel bis zum letzten Freitag auch mit aller Kraft dagegen, den reisenden Vermittler zwischen Brüssel und Washington zu spielen. Persönlich, so die Genfer Spottvögel, würde Kettenraucher Dunkel allerhöchstens von einer Liberalisierung des Tabakhandels mit nachfolgenden Preissenkungen profitieren.
Der Tunnel, an dessen Ende Dunkel in den letzten Jahren immer wieder das Licht eines Abschlusses zu sehen glaubte, ist inzwischen weit länger als die Gotthardunterführung. Weil er dennoch immer wieder die Rolle des unverbesserlichen und dabei unparteiischen Optimisten spielte, haben die 108 Gatt-Staaten seine erste Amtszeit bis Juni 1993 verlängert. Ob Dunkel dann weitermacht oder ob er sich in den geruhsameren Job als Berater internationaler Konzerne zurückzieht – darauf werden an der Genfer Politikbörse derzeit die ersten Wetten angenommen. Andreas Zumach
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